Entscheidungsstichwort (Thema)

missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung und unbillige Behinderung von Arealnetzbetreibern durch die Verweigerung des Stromnetzanschlusses

 

Tenor

1. Der Mainova AG wird untersagt, der GETEC net GmbH, Hannover, den Stromnetzanschluss (im Folgenden Netzanschluss) an ihr Mittelspannungsnetz zu verweigern, soweit die GETEC net GmbH den Betrieb der Netzanlagen auf dem Areal der Liegenschaft Rhonestraße 4, Frankfurt am Main, übernehmen und dort gegenüber den auf dem Areal angeschlossenen Endkunden als Arealnetzbetreiber auftreten will. Der

Mainova AG wird weiter untersagt, sich zu weigern, die für den Netzanschluss erforderlichen Vorkehrungen zu treffen bzw. diese zu ermöglichen und die für den Netzanschluss erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen zu angemessenen Entgelten i.S.d. § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB zu schließen, damit die auf dem Areal angeschlossenen Endkunden mit Strom versorgt werden können.

2. Der Mainova AG wird untersagt, der GETEC net GmbH, Hannover, und der Energieversorgung Offenbach AG, Offenbach, (im Folgenden EVO) den Netzanschluss an ihr Mittelspannungsnetz zu verweigern, soweit die GETEC net GmbH oder die EVO ein von ihnen errichtetes, erworbenes oder gepachtetes Arealnetz betreiben und auf dem Areal gegenüber den dort angeschlossenen Endkunden als Arealnetzbetreiber auftreten wollen. Der Mainova AG wird weiter untersagt, sich zu weigern, die für einen entsprechenden Netzanschluss erforderlichen Vorkehrungen zu treffen bzw. diese zu ermöglichen und die für den Netzanschluss erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen zu angemessenen Entgelten i.S.d. § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB zu schließen, damit die auf dem Areal angeschlossenen Endkunden mit Strom versorgt werden können. Die Untersagung gilt nur, soweit es sich bei den betroffenen Arealen um Neubauten oder Gebietserschließungen handelt bzw. soweit es sich um Areale handelt, auf denen die Mainova AG vor Antrag auf Netzanschluss des Areals nicht bereits selbst Arealnetzanlagen errichtet hat und/oder betreibt.

3. Der Widerruf der Verfügung bleibt vorbehalten (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG).

4. Die Gebühr für die Verfügung bleibt einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.

 

Gründe

A. Verfahrensbeteiligte

Mainova AG

Unternehmensgegenstand der Mainova AG ist die Versorgung mit Strom, Wasser, Gas, Wärme und Telekommunikation. Im Geschäftsbereich Strom umfasst das Netzgebiet die Stadt Frankfurt am Main. Das Unternehmen ist aus dem Zusammenschluss der Maingas AG mit den Versorgungsbetrieben der Stadtwerke Frankfurt am Main GmbH im Jahr 1998 hervorgegangen. Heute sind Gesellschafter der Mainova AG die Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH [1] (über 75 %) und die zum E.ON-Konzern gehörende Thüga AG, München (24,3 %). Weniger als 1 % des Grundkapitals befindet sich in Streubesitz. In 2002 erzielte die Mainova AG in Deutschland Gesamtumsatzerlöse in Höhe von etwa 1,06 Mrd. Euro; auf den Geschäftsbereich Strom entfielen 288,1 Mio. Euro. Aus Stromabsatz an weiterverteilende Unternehmen [2] erzielte die Mainova AG Umsatzerlöse in Höhe von etwa 12 Mio. Euro. [3]

GETEC net GmbH

Die GETEC net GmbH gehört zur GETEC-Gruppe, die im Bundesgebiet Dienstleistungsprodukte im Energiemarkt anbietet. Unternehmensgegenstand der GETEC-Gruppe ist der Betrieb von Arealnetzen in gewerblich und wohnbaulich genutzten Liegenschaften, Strom- und Gasversorgung, Energiehandel und Wärme-Contracting (Bau und Betrieb von Wärmeerzeugungsanlagen). Die GETEC-Gruppe befindet sich in Familienbesitz und erwirtschaftet einen Umsatz von ca. 100 Mio. Euro. Der Umsatz der 2002 gegründeten GETEC net GmbH im Bereich von Planung, Errichtung und Betrieb von Arealnetzen beläuft sich derzeit – auf Basis bereits geschlossener Verträge – auf unter 500.000 Euro pro Jahr. [4] Arealnetzanlagen mit Anschluss an das Mittelspannungsnetz des örtlichen Netzbetreibers betreibt die GETEC net GmbH unter anderem im Stadtgebiet Hannover, im Stadtgebiet Heide und in Bad Soden-Salmünster. [5]

Das Schwesterunternehmen GETEC Energie AG ist in 2000 gegründet worden. Geschäftsgegenstand ist die Stromlieferung an Endkunden. Hierzu gehören auch Endkunden, die an von der GETEC net GmbH betriebene Arealnetzanlagen angeschlossen sind. [6]

Energieversorgung Offenbach AG

Die Energieversorgung Offenbach AG (Im Folgenden EVO) ist ein Elektrizitäts-, Gas- und Fernwärmeversorgungsunternehmen für die Stadt Offenbach und Teile des Landkreises Offenbach. 49,13 % der Anteile werden von der MVV Energie AG, Mannheim, gehalten, weitere 49,12 % von der Stadt Offenbach. Stimmrechtslose Mitarbeiteraktien belaufen sich auf 1,75 % der Anteile. Die EVO erzielte im Geschäftsjahr 2001/2002 einen Gesamtumsatz von 216,1 Mio. Euro, davon entfielen etwa 80 % auf den Geschäftsbereich Strom. Neben dem traditionellen Stromversorgungsgeschäft bietet EVO an, Stromversorgungsnetze zu planen, zu errichten und zu betreiben bzw. firmeneigene Umspannanlagen und sonstige Netzanlagen zu übernehmen. [7] Außerhalb ihres eigenen Netzge...

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