Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsbeschränkung in der Forstwirtschaft (Vermarktung von Rohholz). Verstoßes gegen § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und Art. 81 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) durch den Beteiligten zu 1.
Tenor
1. Die unter Abschnitt II. dieser Verfügung wiedergegebenen und vom Beteiligten zu 1. mit Datum vom 6. November 2008 angebotenen Verpflichtungen sind für den Beteiligten bindend.
2. Das Verfahren gegen den Beteiligten zu 1. wird nach Maßgabe des § 32 b Absatz 1 Satz 2 GWB eingestellt.
3. Die Gebühr für dieses Verfahren einschließlich dieser Entscheidung wird auf […] EUR festgesetzt und dem Beteiligten zu 1. auferlegt.
Tatbestand
I. Sachverhalt
Der Beteiligte zu 1. bewirtschaftet als oberste Forstbehörde des Landes Baden Württemberg mittelbar durch die Regierungspräsidien Freiburg und Tübingen sowie über die unteren Forstbehörden (Landratsämter, Bürgermeisterämter der Stadtkreise) rd. 329.000 Hektar Staatsforst und damit ca. 24 % der Landeswaldfläche. Der Rohholzeinschlag aus der im Eigentum des Landes stehenden Waldfläche betrug 2007 rd. 2,5 Mio. Festmeter (im folgenden: fm), davon wurden 2,1 Mio fm vermarktet. Darüber hinaus betreibt der Beteiligte zu 1. die Holzvermarktung für private und kommunale Waldbesitzer auf vertraglicher Grundlage und gegen Entgelt. Dabei fasst er die zur Vermarktung anstehenden Rohholzmengen aus staatlichem, privatem und Körperschaftswald zu einem einheitlichen Angebot zusammen und veräußert sie an die holzverarbeitenden Nachfrager wie z.B. Sägewerke, die Papierindustrie, Biokraftwerke u.ä.m. Zusammen mit dem Holzverkauf für Dritte in einer Größenordnung von […] Mio. fm betrug die von der Landesforstverwaltung vermarktete Rohholzmenge insgesamt […] Mio. fm, das sind rd. […] % des aus Baden Württemberg stammenden Rohholzangebotes im Jahre 2007. Die flächendeckende Bündelung der zur Vermarktung anstehenden Rohholzmengen im Hoheitsgebiet unter aktiver Moderation des Beteiligten zu 1. versetzt diesen in die Lage, sowohl hinsichtlich der Bedarfsdeckung (Menge) als auch der Preisgestaltung das Marktgeschehen flächendeckend zu bestimmen. Nicht zuletzt verfügt der Beteiligte zu 1. über eine landesweite Organisation und eine personelle Infrastruktur, auf die Eigentümer von kleinen und Kleinstwaldflächen wegen unzureichender Vermarktungskenntnisse zurück greifen. Staatliche Kooperationen des Beteiligten zu 1. mit anderen Bundesländern bei der Holzvermarktung sind dem Bundeskartellamt nicht bekannt. Vielmehr ist die Beschränkung der kooperativen Vermarktungsangebote auf das Hoheitsgebiet eines Bundeslandes (hier des Beteiligten zu 1.) nach Kenntnis des Bundeskartellamtes Praxis in allen Bundesländern mit staatlichem Waldbesitz. Die Beschlussabteilung geht deshalb davon aus, dass der räumliche Markt überwiegend durch die Verwaltungsgrenzen des Landes Baden Württemberg begrenzt wird, auch wenn ein geringerer Teil des Rohholzangebotes – insbesondere in den zu anderen Bundesländern angrenzenden Standorten – „grenzüberschreitend” beschafft wird.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 an das Bundeskartellamt hat der Beigeladene zu 2. die vorstehend beschriebene Holzvermarktung in Baden Württemberg und anderen Bundesländern angegriffen und im Wesentlichen ausgeführt, die Bündelung der eingeschlagenen Rohholzmengen zur Vermarktung an die weiterverarbeitenden Sägewerke führe zu einer Vereinheitlichung der Verkaufspreise – und -konditionen für den ganz überwiegenden Teil der zum Verkauf anstehenden Holzmengen. Dies zwinge die Nachfrager in der Folge dazu, Preis- und Verkaufsverhandlungen nahezu ausschließlich mit den Vertretern der jeweiligen Landesforstverwaltung zu führen. Die wenigen verbleibenden und nicht über die staatliche Forstverwaltung vermarktenden Holzanbieter orientierten sich zudem an den Preisvorgaben der staatlichen Forstverwaltung. Ein Anbieterwettbewerb sei so nahezu vollständig ausgeschlossen.
Das Bundeskartellamt leitete zunächst ein allgemeines Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung eines unzulässigen Vertriebskartells nach § 1 GWB und Art. 81 EG ein und hat mit Schreiben vom 6. November 2001 das damalige Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) gebeten, auf eine Änderung dieser Praxis im Rahmen der Bund-Länder-Koordinierungen hinzuwirken. Das BMVEL hat in einem Schreiben vom 12. Dezember 2002 auf die ausschließliche Zuständigkeit der Länder beim Vertrieb von Rohholz verwiesen.
Das Bundeskartellamt eröffnete daraufhin ein Untersagungsverfahren – zunächst gegen die als Holzvermarkter bedeutendsten Länder Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz – und erließ mit Datum vom 19. März 2003 Auskunftsbeschlüsse an die genannten Länder, deren Gemeindeverbände, private Wald-besitzer und holzverarbeitende Unternehmen zur Holzvermarktungspraxis. Die Ergebnisse stützten den Verdacht auf eine kartellrechtswidrige Praxis der Holzvermarktung,...