Entscheidungsstichwort (Thema)
GAG Gasversorgung Ahrensburg GmbH. Behinderungsmissbrauch bei der Erhebung von Konzessionsabgaben
Tenor
1. Der Beteiligten wird aufgegeben, ab dem auf die Zustellung des Beschlusses folgenden Tag sämtliche Gaslieferungen Dritter (d.h. nicht mit der Beteiligten nach § 36 Abs. 2 GWB verbundener Unternehmen) im Wege der Durchleitung an Letztverbraucher als Lieferungen an Sondervertragskunden einzustufen. Dem entsprechend darf die Beteiligte gegenüber Dritten im Rahmen des § 2 Abs. 6 S. 2 KAV dem Netznutzungsentgelt höchstens ein Entgelt in Höhe des im Konzessionsvertrag mit der Stadt Ahrensburg jeweils festgelegten Konzessionsabgaben-Satzes für Sondervertragskunden hinzurechnen. Keinesfalls darf das Entgelt jedoch den in der KAV vorgesehenen Konzessionsabgaben-Höchstsatz für die Belieferung von Sondervertragskunden (gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 KAV derzeit 0,03 Cent/kWh) überschreiten.
2. Der Beteiligten wird aufgegeben, für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zur Zustellung des Beschlusses sämtliche Gaslieferungen Dritter (d.h. nicht mit der Beteiligten nach § 36 Abs. 2 GWB verbundener Unternehmen) im Wege der Durchleitung an Letztverbraucher als Lieferungen an Sondervertragskunden einzustufen. Dem entsprechend darf die Beteiligte gegenüber Dritten im Rahmen des § 2 Abs. 6 S. 2 KAV dem Netznutzungsentgelt höchstens ein Entgelt in Höhe des im Konzessionsvertrag mit der Stadt Ahrensburg festgelegten Konzessionsabgaben-Satzes für Sondervertragskunden hinzurechnen (0,03 Cent/kWh).
3. Der Beteiligten wird aufgegeben, die seit 1. Januar 2007 bis zur Zustellung des Beschlusses nach Maßgabe von Nr. 2 zu viel gezahlten Entgelte (d.h. die sich aufgrund der Inrechnungstellung von 0,61 Cent/kWh bei Kochgaskunden bzw. 0,27 Cent/kWh bei Heizgaskunden statt der Sondervertragskundenkonzessionsabgabe von 0,03 Cent/kWh jeweils ergebenden Unterschiedsbeträge) an die Dritten zurückzuerstatten. Die für die Jahre 2007 und 2008 in der Anlage zu diesem Beschluss aufgeführten Beträge sind bis spätestens zum 31. Dezember 2009 an die dort genannten Unternehmen zurückzuzahlen. Bereits geleistete Rückzahlungen können hiervon in Abzug gebracht werden.
4. Nummer 1 gilt mit Wirkung bis zum 1. Oktober 2013.
5. Die Gebühr für das Verfahren einschließlich der Entscheidung beträgt EUR […].
Tatbestand
I.
Rz. 1.
Die Beteiligte ist ausschließlich im Bereich der Gasverteilung und -versorgung tätig. Sie ist Grundversorger in Ahrensburg, einer Stadt in Schleswig-Holstein mit ca. 31.000 Einwohnern. Seit 2006 ist die Beteiligte Eigentümerin und Betreiberin des örtlichen Gasversorgungsnetzes. Sie versorgt ca. 5.400 Kunden in Ahrensburg und weitere ca. 5.000 Kunden außerhalb. Sie erzielte im Jahr 2007 einen Jahresumsatz von rund EUR […] Millionen und einen Jahresüberschuss von EUR 542.514,99. Im Jahr 2008 erzielte sie einen Jahresumsatz von rund EUR […] Millionen und einen Jahresüberschuss von EUR […]. Ihre Alleineigentümerin ist die Stadt Ahrensburg. Die kaufmännische Betriebsführung der Beteiligten obliegt der SWN Stadtwerke Neumünster Beteiligungen GmbH. Die Beteiligte bezieht das von ihr vertriebene Gas mit einem Bezugsvertrag mit einer Laufzeit bis […], wobei sie am […] erstmals das Recht auf Überprüfung und Anpassung des Preises hat.
Rz. 2.
Die Beteiligte und die Stadt Ahrensburg schlossen am 18. Dezember 2003 einen „Vertrag über die öffentliche Versorgung mit Gas – Konzessionsvertrag Gas” (im Folgenden „Konzessionsvertrag 2003”). Diesen änderten die vorgenannten Parteien am 30. August 2006 durch den „Vertrag zur Änderung des Vertrages über die öffentliche Versorgung mit Gas – Konzessionsvertrag Gas – Änderungsvertrag” (im Folgenden „Änderungsvertrag”). Auf den Konzessionsvertrag 2003 in der Fassung des Änderungsvertrags wird im Folgenden als „Konzessionsvertrag 2006” Bezug genommen. Zuvor war E.ON Hanse AG, Quickborn im Stadtgebiet Ahrensburg konzessioniert. Der Übertragung der Gasversorgungsanlagen und Kundenvertragsverhältnisse im Versorgungsgebiet Ahrensburg ging ein Rechtsstreit über zwei Instanzen vor dem LG Kiel (Az. 14 O Kart 48/04) und dem OLG Schleswig (Az. 6 U Kart 58/05) voraus, in dem E.ON Hanse letztlich unterlag. E.ON Hanse übergab das Gasnetz im Jahre 2006 an GAG Ahrensburg.
Rz. 3.
In § 4 Abs. 1 Konzessionsvertrag 2003 räumt die Stadt Ahrensburg der Beteiligten das Recht ein, „die ihrer privatrechtlichen Verfügung unterliegenden öffentlichen Verkehrsräume zur Verlegung und zum Betrieb von Leitungen und Versorgungsanlagen zur unmittelbaren öffentlichen Versorgung von Letztverbrauchern mit Gas im Gebiet der Stadt gemäß Anlage I zu benutzen.” Anlage I zum Konzessionsvertrag 2003 enthält eine Karte der Stadt Ahrensburg mit Umgebung.
Rz. 4.
Nach § 7 Abs. 1 des Konzessionsvertrages 2003, und, insoweit hier relevant, des Konzessionsvertrages 2006 „zahlt die GAG der Stadt eine Konzessionsabgabe in Höhe der Höchstsätze nach der jeweils geltenden konzessionsabgabenrechtlichen Regelung: […]”. Die Festschreibung der Höchstsätze durch ...