Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen1 (im Folgenden: GWB)
Tenor
1. Das am 1. April 2003 beim Bundeskartellamt angemeldete Vorhaben der Beteiligten zu 1., unmittelbar oder mittelbar sämtliche Anteile an den Beteiligten zu 2. bis 6. zu erwerben, wird freigegeben.
2. Die Gebühr für diese Entscheidung wird festgesetzt auf
EUR …
(in Worten: … Euro)
und den Beteiligten zu 1. bis 8. als Gesamtschuldnern auferlegt.
Tatbestand
A.
I. Das Zusammenschlussvorhaben
(1) Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 1. April 2003 – im Bundeskartellamt eingegangen am selben Tage – hat die Beteiligte zu 1. (im Folgenden: „Invoptic”), ein Konzernunternehmen der Essilor-Gruppe („Essilor”), beim Bundeskartellamt ihr Vorhaben angemeldet, unmittelbar oder mittelbar durch eine 100%ige Tochtergesellschaft sämtliche Anteile an den Beteiligten zu 2. bis 6. (im Folgenden: „R+H”), welche derzeit zu je 50 % von den Beteiligten zu 7. und zu 8. gehalten werden, erwerben zu wollen. Die Beteiligten zu 2. bis 8. haben sich mit ebenfalls am 1. April 2003 beim Bundeskartellamt eingegangenem Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten der Anmeldung der Beteiligten zu 1. angeschlossen. (2) Am 29. April 2003 hat die Beschlussabteilung die Beteiligten zu 1. bis 8. schriftlich über die Einleitung des Hauptprüfverfahrens unterrichtet.
II. Beteiligte Unternehmen
(3) Invoptic ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der BBGR S.A., Paris, Frankreich, welche wiederum eine 99,9%ige Tochter der börsennotierten Aktiengesellschaft Essilor International S.A., Charenton, Frankreich, ist, deren Aktien sich nach Angaben der Beteiligten zu 1. zu 90,7 % in Streubesitz befinden. Verbundene Unternehmen von Essilor in Deutschland sind die Essilor GmbH, Braunschweig, und die Essilor Logistik GmbH, Hanau. Geschäftsgegenstand der Essilor ist die Herstellung von optischen Rohbrillengläsern und Brillengläsern, deren Weiterverarbeitung und Vertrieb, des Weiteren die Herstellung und der Vertrieb von optischen Geräten. Essilor hat im Geschäftsjahr 2002 weltweite Umsatzerlöse von ca. EUR … erzielt, davon rund EUR … in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und hiervon ca. EUR … in Deutschland.
(4) Geschäftsgegenstand der R+H sind die Herstellung, Weiterverarbeitung und der Vertrieb von optischen Brillengläsern sowie die Erbringung von Dienstleistungen gegenüber Optikern (z.B. EDV-Unterstützung). R+H hat im Geschäftsjahr 2002 weltweite Umsatzerlöse von ca. EUR … erzielt, davon rund EUR … in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und hiervon ca. EUR … in Deutschland.
III. Zusammenschlusstatbestand und Anwendungsbereich des GWB
(5) Der Anwendungsbereich der Zusammenschlusskontrolle nach dem GWB ist eröffnet. Das Vorhaben erfüllt die Zusammenschlusstatbestände des Kontroll- und Anteilserwerbs (§§ 35, 37 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Buchst. a GWB).
(6) Eine gemäß § 35 Abs. 3 GWB vorrangige Zuständigkeit der Europäischen Kommission im Rahmen der europäischen Fusionskontrolle ist nicht gegeben, da die weltweit erzielten Umsatzerlöse der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen im Geschäftsjahr 2002 insgesamt EUR 2,5 Mrd. nicht überschritten (Art. 1 Abs. 2 und 3, Art. 5 Abs. 1 und 4 der Verordnung [EWG] Nr. 4064/89 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, zuletzt geändert durch Verordnung [EG] Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997).
(7) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle gemäß § 35 ff. GWB finden Anwendung, weil die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen, die Beteiligten zu 1. bis 6., unter Berücksichtigung von § 36 Abs. 2 GWB insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen EUR und jeweils unter Berücksichtigung von § 36 Abs. 2 GWB in Deutschland Umsatzerlöse von mehr als 25 Millionen EUR erzielt haben (§ 35 Abs. 1 GWB). Die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände nach § 35 Abs. 2 GWB liegen nicht vor.
(8) Das Zusammenschlussvorhaben wirkt sich auch im Inland aus. Dies folgt bereits daraus, dass die zu erwerbenden Unternehmen, die Beteiligten zu 2. bis 6., ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 130 Abs. 2 GWB).
IV. Verfahren
(9) Zur Ermittlung der tatsächlich bestehenden Wettbewerbsbeziehungen sowie der Marktstellung der Beteiligten hat die Beschlussabteilung zunächst siebzehn Unternehmen befragt, die von den Zusammenschlussbeteiligten als Wettbewerber benannt worden waren. Geantwortet haben auf diese Befragung sämtliche Unternehmen, wobei eines der Unternehmen (Sola) in Deutschland nicht auf der Ebene der Brillengläseranbieter tätig ist. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Beschlussabteilung auf Nachfragerseite (Optiker) die auf der Grundlage von Angaben des Zentralverbands der Augenoptiker (ZVA) und des European Optical Industry Handbook 2002/'03 (Special Report by the Jobson Optical Group) ausgewählten zehn deutschlandweit größten Filialisten, zudem alle wichtigen Einkaufsgemeinschaften (insgesamt acht) und achtzehn ausgew...