Entscheidungsstichwort (Thema)

Hotelportalmarkt (Markt für die Vermittlungsdienstleistungen der Hotelportale)

 

Tenor

I.

  1. Es wird festgestellt, dass die Bestpreisklauseln, die zwischen der Beteiligten und ihren Hotelpartnern auf der Grundlage von Ziffer 5 a) bis d) und Ziffer 18 Buchstabe i) der seit dem 1. März 2012 geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in inhaltlich entsprechenden Individualverträgen vereinbart wurden, soweit sie in Deutschland gelegene Hotels betreffen, kartellrechtswidrig sind.
  2. Der Beteiligten wird die weitere Durchführung der vorgenannten Klauseln untersagt, soweit sie in Deutschland gelegene Hotels betreffen.
  3. Der Beteiligten wird aufgegeben, die Bestpreisklauseln bis zum 1. März 2014 aus den Verträgen bzw. den diesen Verträgen zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu entfernen, soweit sie in Deutschland gelegene Hotels betreffen.
  4. Dem Gebot in Ziffer 3 des Tenors wird bei Individualverträgen auch durch fristgemäße Änderungskündigungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt genügt, selbst wenn diese erst nach Fristablauf wirksam werden.

II. Die Gebühr für diese Entscheidung wird auf

EUR […]

(in Worten: […] Euro)

festgesetzt.

 

Tatbestand

A. Zusammenfassung

Rz. 1

HRS-Hotel Reservation Service Robert Ragge GmbH, Köln (im Folgenden: „HRS”) verstößt durch die mit ihren Hotelpartnern vereinbarte Bestpreisklausel gegen geltendes Kartellrecht. Sachlich betroffen ist dabei der Markt für die Vermittlungsdienstleistungen der Hotelportale (Hotelportalmarkt), der in räumlicher Hinsicht deutschlandweit abzugrenzen ist. Auf diesem Markt bewirken die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der HRS und in entsprechenden Individualverträgen enthaltenen Bestpreisklauseln eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung[1] zwischen den Hotelportalen und zwischen den Hotels, so dass dahin stehen kann, ob diese auch bezweckt werden. Angesichts eines Markanteils der HRS von jeweils über 30% in den letzten vier Jahren sind die Bestpreisklauseln nicht nach der Vertikal-GVO freigestellt[2], so dass ebenfalls offen bleiben kann, ob es sich bei ihnen nicht ohnehin um eine nicht freistellungsfähige Kernbeschränkung[3] handeln könnte. Die Bestpreisklauseln erfüllen auch nicht die Voraussetzungen für eine Einzelfreistellung[4]. Zudem stellt die Anwendung der Bestpreisklauseln durch HRS auch eine unbillige Behinderung[5] der von ihr abhängigen kleinen und mittleren Hotelunternehmen dar.

Rz. 2

Der zwischen einem Hotelunternehmen und HRS abgeschlossene Dienstleistungsvertrag sieht die Aufnahme der jeweiligen Hotels in das HRS-Hotelreservierungssystem vor. HRS kauft dabei nicht etwa Zimmerkontingente ein, sondern tritt als Vermittlerin auf und erhält für jede realisierte Einzelbuchung eine Grundkommission in Höhe von derzeit 15% auf den Übernachtungsendpreis vom Hotelunternehmen.

Rz. 3

Zwischen dem buchenden Hotelkunden und HRS kommt ein Vermittlungsvertrag zustande; das HRS-System ermöglicht dem Hotelkunden Direktbuchungen mit Sofortbestätigung zu den jeweils aktuellen Preisen. Dem Hotelkunden werden für die Vermittlungsleistung seitens HRS keine unmittelbaren Kosten in Rechnung gestellt, er zahlt vielmehr ausschließlich den ausgewiesenen Zimmerpreis an das ausgesuchte Hotel, in den die vom Hotel an HRS zu zahlende Grundkommission allerdings regelmäßig einkalkuliert ist.

Rz. 4

Die in den Verträgen zwischen HRS (einschließlich ihrer Tochterunternehmen Tiscover und Hotel.de) und den Hotelunternehmen enthaltene Bestpreisklausel wurde zuletzt in der Fassung vom 1. März 2012 vereinbart; sie findet sich in den aktuellen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und in Individualverträgen. Bestpreisklauseln mit weitgehend gleichem Inhalt sind jedoch schon seit 2006 Bestandteil der Verträge zwischen HRS und ihren Hotelpartnern weltweit. HRS hat noch bis Oktober 2013 die Einhaltung der Bestpreisklauseln systematisch überwacht und den Hotelunternehmen bei Nichteinhaltung – zuletzt nur noch in vereinzelten Fällen – spürbare Sanktionen angedroht und auch vollzogen (insbesondere Buchungssperren und Kündigungen).

Rz. 5

Der sachlich betroffene Markt für die Vermittlungsdienstleistungen der Hotelportale (Hotelportalmarkt) stellt eine Form des online-Vertriebs von Hotelzimmern dar, die nicht mit dem offline-Vertrieb – beispielsweise über Reisebüros oder an der Hotelrezeption – austauschbar ist. Weil Hotelportale dem Hotelkunden die Funktionen „Suchen, Vergleichen und Buchen” in einem für ihn komfortablen Dienstleistungspaket anbieten, gehören hoteleigene Webseiten und andere spezialisierte Portale nicht zum Hotelportalmarkt. Online-Reisebüros und Reiseveranstalterportale haben i.d.R. keine direkten vertraglichen Bindungen mit den Hotelunternehmen und sind daher auf einer anderen Marktstufe als Hotelportale tätig; dies gilt auch für Metasuchmaschinen, die im Gegensatz zu Hotelportalen nur einen Preisvergleich anbieten und die angeschlossenen Hotelportale (und z.T. große Hotels bzw. Hotelketten) mit den Endkunden verbinden.

Rz. 6

Demgegenüber gehört das von HRS ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge