Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergabe von Arzneimittelrabattvereinbarungen gem. § 130a Abs. 8 SGB V
Tenor
Den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) wird gestattet, nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung die Zuschläge auf die verfahrensgegenständlichen Gebiets- und Fachlose zu erteilen, soweit diese nicht durch andere Nachprüfungsverfahren mit einem Zuschlagsverbot nach § 115 Abs. 1 GWB belegt sind.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerinnen (Ag) zu 1) und 2) führen ein offenes Verfahren zum Abschluss von Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V …
1. Die ausgeschriebenen Rabattverträge waren in Bezug auf eine Vielzahl von Wirkstoffen bereits Gegenstand mehrerer Nachprüfungsverfahren, die sich teilweise gegen die Verdingungsunterlagen, teilweise gegen konkrete Wertungsentscheidungen der Ag richteten. Relevant im vorliegenden Nachprüfungsverfahren sind insbesondere die Beschlüsse VK 3 – 126/10 und VK 3 – 135/10, beide vom 1. Februar 2011, mit denen die Grundlagen der Ausschreibung angegriffen wurden. Die Antragstellerin (ASt) des vorliegenden Verfahrens war ebenfalls Antragstellerin im Verfahren VK 3-126/10. Die beiden vorangegangenen Nachprüfungsanträge waren in der Sache teilweise erfolgreich; unter Zurückweisung der Nachprüfungsanträge im Übrigen wurde den Ag aufgegeben, den Bietern auf Basis geänderter Vorgaben erneut Gelegenheit zur Angebotsabgabe einzuräumen.
a. Soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, war ursächlich für die teilweise Begründetheit der Nachprüfungsanträge ein zweifaches Transparenzdefizit in Bezug auf die Rabattstaffel. Die hier relevanten wesentlichen Inhalte der Beschlüsse der 3. Vergabekammer vom 1. Februar 2011 lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Ag räumen den Bietern im Rahmen der vorliegenden Ausschreibung die Möglichkeit ein, Staffelpreise entsprechend der Umsetzungsquote der Rabattverträge und damit der Absatzmenge anzubieten. Am Ende der zweijährigen Vertragslaufzeit wird nach derjenigen Umsetzungsquote abgerechnet, die sich tatsächlich realisiert hat; die Preise für die anderen Umsetzungsstaffeln kommen nicht zum Tragen. Da Erfahrungswerte hinsichtlich der Durchsetzungsquoten vorhanden sind und diese auch in gewissem Umfang durch Marketingmaßnahmen der Rabattvertragspartner selbst beeinflusst werden können, wird einerseits allgemein mit einer guten Durchsetzung der Rabattverträge und damit mit einer hohen Umsetzungsquote gerechnet. Die Ag haben andererseits die Staffel in fünf Schritten von jeweils 20 % (von 0 % bis 100 %) eingeteilt und damit – unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeiten über eine entsprechende Gewichtungauch solche Umsetzungsquoten zugrundegelegt, die in ihrer Realisierung eher unwahrscheinlich sind. Hieraus ergab sich das von den Antragstellerinnen in den Vorläuferverfahren geltend gemachte Problem der Spielräume bzw. Manipulationsmöglichkeiten bei der Preisgestaltung dahin, dass die unwahrscheinlicheren Staffeln – nach denen bei Endabrechnung am Laufzeitende voraussichtlich nicht abgerechnet werden wird – extrem günstig bepreist werden können und damit die Wettbewerbsergebnisse auf der Basis von Preisen, die aller Voraussicht nach nicht zu zahlen sein werden, beeinflusst werden konnten. Die Ag hatten von vornherein deutlich gemacht, dass sie einer manipulativen Ausnutzung der Spielräume, die sich durch diese Staffel ergeben, auf der dritten Wertungsstufe – der Prüfung der Angemessenheit der Preise nach § 19 Abs. 6 VOL/A-EG – begegnen würden. Nach Auffassung der Vergabekammer in den genannten Beschlüssen war das diesbezügliche Verfahren in folgenden beiden Punkten intransparent bzw. fehlerhaft:
(1) Die Ag hatten zwar in ihrem Vergabevermerk dezidierte sog. „Aufgreifkriterien” entwickelt und festgehalten, aus denen sich ergab, unter welchen Voraussetzungen die Ag von i.S.v. § 19 Abs. 6 VOL/A-EG ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angeboten ausgingen. Aus diesen Aufgreifkriterien ergab sich insbesondere auch, in welcher Weise die Ag die gängige Rechtsprechung zur Auskömmlichkeitsprüfung, nämlich die Differenzierung zwischen den Einzel- und den Gesamtpreisen, auf die Vielzahl von verschiedenen Staffelpreisen übertragen würden, welche Preise mithin als „Gesamtpreis” in diesem Sinne und damit als Anknüpfungspunkt für die Auskömmlichkeitsprüfung gelten sollten. Diese Kriterien waren den Bietern jedoch nicht bekannt gegeben worden, so dass – wie aus dem Fragen- und Antwortkatalog ersichtlich – Unsicherheit bei den Bietern darüber bestand, welche Preise letztendlich als „Gesamtpreise” auskömmlich sein mussten bzw. mit welchen „Einzelpreisen” im Rahmen der Kalkulation gestalterisch umgegangen werden durfte, so z.B. zulässige Quersubventionierung einer Preisvergleichsgruppe (PVG) innerhalb einer Umsetzungsquote mit einer anderen PVG (Bsp.: N 1-Packung in einer Umsetzungsquote nicht auskömmlich kalkuliert, Quersubventionierung mit der N 2-Packung derselben Umsetzungsquote zulässig). Nach Auffassung der Vergabekammer war es angesichts d...