Entscheidungsstichwort (Thema)
RWE/Energieversorgung Plauen. Stadtwerke Lingen und Stadtwerke Radevormwald. Prüfung eines gemäß § 39 GWB angemeldeten Zusammenschlussvorhabens
Tenor
I. Das Zusammenschlussvorhaben wird gemäß § 40 Abs. 2 und 3 GWB unter den nachfolgend genannten Nebenbestimmungen freigegeben:
II. Nebenbestimmungen:
- Die Freigabe erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Beteiligte zu 2. ihre Beteiligung in Höhe von 30 % an der Energieversorgung Halle GmbH an die Stadt Halle oder an einen sonstigen Erwerber, der folgende Voraussetzungen erfüllt, veräußert: Bei dem Erwerber muss es sich um ein oder mehrere Unternehmen handeln, an denen die Beteiligte zu 1. einschließlich mit ihr im Sinn des § 36 Abs. 2 GWB verbundener Unternehmen weder personell noch durch Kapitalbeteiligung – gleich welcher Höhe – beteiligt ist und auf das diese keinen wettbewerblich erheblichen Einfluss im Sinn des § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB ausüben kann. Der Erwerber darf auch nicht auf sonstige Weise, zum Beispiel durch vertragliche Absprachen, die ein Handeln für Rechnung der Beteiligten zu 1. ermöglichen, mit der Beteiligten zu 1. verbunden sein. Die Bedingung gilt als erfüllt, wenn die Beteiligte zu 2. der Beschlussabteilung nachweist, dass die Veräußerung der Beteiligung an der Energieversorgung Halle GmbH rechtswirksam vollzogen ist.
- Der Freigabe erfolgt unter der auflösenden Bedingung, dass die Beteiligte zu 1. innerhalb von fünf Jahren nach Vollzug der Veräußerung direkten oder indirekten Einfluss auf die Energieversorgung Halle GmbH erwirbt.
III. Die Gebühr für diese Entscheidung wird auf […] EUR (in Worten: […] Euro) festgesetzt. Dieser Betrag wird auf die gesondert festzusetzende Gebühr von […] EUR (in Worten: […] Euro) für die Anmeldung des Zusammenschlusses angerechnet. Beide Gebühren werden gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GWB den Beteiligten zu 1. bis 4. als Gesamtschuldner auferlegt.
Tatbestand
I.
1. Zusammenschlussvorhaben
Rz. (1)
Die Beteiligte zu 1. (im folgenden: RWE) beabsichtigt, mittelbar über die Beteiligte zu 2. (im folgenden: enviaM) eine Beteiligung von 49 % an der noch zu gründenden Energieversorgung Plauen GmbH (im folgenden: EVP) zu erwerben, mittelbar über die Beteiligte zu 3. (im folgenden: RWE RWN) die bereits bestehende, bis zum 31. Dezember 2010 befristete Beteiligung von 40 % an der Beteiligten zu 5. (im folgenden: SWL) und mittelbar über die Beteiligte zu 4. (im folgenden: RWE RWN Mitte) die bereits bestehende, ebenfalls bis zum 31. Dezember 2010 befristete Beteiligung von 49 % an der Beteiligten zu 6. (im folgenden: SWR) unbefristet zu verlängern.
2. Verfahrensgang
Rz. (2)
Mit Schreiben vom 5. August 2009 richtete enviaM an die Beschlussabteilung eine Voranfrage, ob gegen das Vorhaben, eine Beteiligung von 49 % an der noch zu gründenden EVP zu erwerben, wettbewerbliche Bedenken bestehen. Mit Schreiben vom 19. August 2009 erklärte die Beschlussabteilung, das Vorhaben wäre bei Anmeldung voraussichtlich zu untersagen, und erläuterte im einzelnen die dagegen bestehenden wettbewerblichen Einwände. Mit Schreiben vom 28. August 2009 begründete enviaM noch einmal ihre Auffassung, das Vorhaben sei wettbewerblich unbedenklich. Beide Seiten erörterten die Sach- und Rechtslage in einer Besprechung.
Rz. (3)
Mit Schreiben vom 30. Oktober 2009 bot RWE als Kompensation für die von der Beschlussabteilung als wettbewerblich negativ bewerteten Auswirkungen des Vorhabens an, die Beteiligung der enviaM an der Energieversorgung Halle GmbH (im folgenden: EVH) zu veräußern. Dabei solle die angebotene Veräußerung der Beteiligung an der EVH auch die von der Beschlussabteilung für wettbewerblich negativ erachteten Auswirkungen der beabsichtigten Verlängerung der bereits bestehenden, bis zum Ende des Jahres 2010 befristeten Beteiligungen an der SWL in Höhe von 40 % und der SWR in Höhe von 49 % kompensieren. Dies hat folgenden Hintergrund:
Rz. (4)
Aus Anlass der zum 31. Dezember 2010 endenden befristeten Beteiligung von RWE an der SWR erörterte RWE mit der Beschlussabteilung bereits seit April 2009 die Frage, ob eine Verlängerung der befristeten Beteiligungen einen erneut anmeldepflichtigen Zusammenschluss darstellt. Zu dieser Frage fand am 20. April 2009 eine Besprechung im Bundeskartellamt statt. Mit Schreiben vom 1. Juli 2009 legte RWE ein in ihrem Auftrag von Herrn Professor Dr. Meinrad Dreher erstelltes Gutachten vor, das darlegt, warum kein erneut anmeldepflichtiger Zusammenschluss vorliege. Mit Schreiben vom 21. September 2009 begründete die Beschlussabteilung, warum sie die Verlängerung einer befristeten Beteiligung für anmeldepflichtig erachtet.
Rz. (5)
Mit Schreiben vom 4. Januar 2010, eingegangen im Bundeskartellamt am selben Tag, übersandte RWE, zugleich in Erfüllung der Anmeldepflichten der weiteren beteiligten Unternehmen, die förmliche Anmeldung der beabsichtigten Beteiligung an der EVP und der beabsichtigten unbefristeten Verlängerung der bis zum 31. Dezember 2010 befristeten Beteiligungen an der SWL und der SWR....