Rn 2
Eine Unternehmensgruppe im Sinne der InsO besteht nach § 3e Abs. 1 aus rechtlich selbstständigen Unternehmen, die den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen im Inland haben und die unmittelbar oder mittelbar miteinander verbunden sind durch die Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses oder eine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung.
Rn 3
Als Unternehmensgruppe gelten gem. § 3e Abs. 2 auch eine Gesellschaft und ihre persönlich haftenden Gesellschafter, wenn zu diesen weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft zählt, an der eine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt. Der Gesetzgeber hat sich damit gegen eine Übernahme des Konzernbegriffs aus § 18 AktG entschieden und auch nicht auf die Definition der Unternehmensgruppe, etwa aus Art. 2 Nr. 13 i.V.m. Nr. 14 EuInsVO2017, rekurriert. Durch die Kombination aus den bestehenden Konzernbegriffen wird auf unterschiedliche Konzernformen, nämlich sowohl horizontal als auch vertikal im Rahmen der Verflechtungen, abgestellt werden können.
Rn 4
§ 3e legaldefiniert den Begriff der Unternehmensgruppe und grenzt damit den Anwendungsbereich der Bestimmungen ein, die an diesen Begriff anknüpfen. Neben den Gerichtsstands- und Verweisungsbestimmungen in den §§ 3a bis 3e gehören dazu die §§ 13a, 56b, 269a ff., 270d.
Rn 5
Eine Unternehmensgruppe besteht aus den Unternehmensträgern mit inländischem Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen (Art. 3 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren), die über eines der beiden in der Vorschrift genannten Kriterien unmittelbar oder mittelbar miteinander verbunden sind. Ausreichend sind mithin bereits zwei Unternehmen im Sinne der Norm. In Anlehnung an § 290 Abs. 1 HGB knüpft Nr. 1 an die Möglichkeit eines Mutterunternehmens an, beherrschenden Einfluss auszuüben. Zur Unternehmensgruppe gehören dabei sowohl das Mutterunternehmen, das über die Möglichkeit zur Beherrschung verfügt, als auch sämtliche Unternehmen, gegenüber denen diese Beherrschungsmöglichkeiten unmittelbar oder mittelbar bestehen (Tochterunternehmen). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Mutterunternehmen von den Beherrschungsmöglichkeiten Gebrauch macht, indem es die untergeordneten Unternehmen unter seine einheitliche Leitung zusammenfasst.
Rn 6
Das Kriterium der möglichen Beherrschung wird durch die Bestimmungen des § 290 HGB konkretisiert. Maßgeblich sind damit insbesondere die typisierenden Tatbestände des § 290 Abs. 2 HGB, welche unwiderlegliche Vermutungen aufstellen. Anders als § 290 Abs. 1 HGB setzt § 3e allerdings nicht voraus, dass das Mutterunternehmen als Kapitalgesellschaft verfasst ist. Deshalb werden nicht als Kapitalgesellschaften verfasste Unternehmensträger auch insoweit vom Gruppenbegriff des § 3e erfasst, wie sie die Stellung des Mutterunternehmens einnehmen. Keine Einschränkungen für den in § 3e festgelegten Gruppenbegriff folgen schließlich aus § 290 Abs. 5 HGB, der von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses befreit, wenn keines der Tochterunternehmen nach § 296 HGB in den Konzernabschluss aufzunehmen wäre. Das von den konzerninsolvenzrechtlichen Bestimmungen aufgenommene Bedürfnis nach einer verbesserten Koordination der Einzelverfahren kann nämlich unabhängig davon bestehen, ob die Tochterunternehmen nach den Bestimmungen des § 296 HGB in den Konzernabschluss aufzunehmen sind oder nicht.
Rn 7
Der in Abs. 1 genutzte Terminus der unmittelbaren oder mittelbaren Verbindung der Unternehmen ist an § 290 Abs. 1 Satz 1 HBG angelehnt. § 290 Abs. 2 HGB listet enumerativ Fallgestaltungen auf, in denen von einem beherrschenden Einfluss auszugehen ist. Die dort benannten rechtlichen Beherrschungsmöglichkeiten (ControlKonzept) stellen eine gesetzliche und zugleich unwiderlegbare Vermutung auf ("stets"). Damit übernimmt § 3e den Subordinationskonzern.
Rn 8
Durch Nr. 2 wird zugleich die Unternehmensgruppe auf horizontale Konzernstrukturen ausgeweitet, da es nur auf eine einheitliche Leitung ankommt. Sie ist gegeben, wenn bestimmte Leitungs- und Planungsentscheidungen der beteiligten Unternehmen in den Händen des herrschenden Unternehmens liegen und dieses wiederum seine unternehmerische Zielkonzeption in den beteiligten Unternehmen verwirklicht. Um auch Gleichordnungskonzerne in den Anwendungsbereich der konzerninsolvenzrechtlichen Bestimmungen einzubeziehen, erweitert § 3e Abs. 1 Nr. 2 den Gruppenbegriff um diejenigen Unternehmen, welche unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst sind. Dahinter steht die Erwägung, dass die Anwendung der Koordinierungsmechanismen auch im Kontext von Gleichordnungskonzernen sinnvoll sein kann und dass deshalb Gleichordnungskonzerne auch von dem für die Anwendung dieser Instrumente maßgeblichen Gruppenbegriff erfasst sein sollten.
Unterschiedliche Strukturen können insoweit in Bezug auf eine funktionale Struktur, Produktli...