2.1 Unterrichtung
Rn 5
Die Unterrichtung als Unterfall der Zusammenarbeit umfasst die Weitergabe von Informationen an in anderen Verfahren über das Vermögen gruppenangehöriger Gesellschaften bestellte Insolvenzverwalter. Es ist davon auszugehen, dass keine Pflicht zur Weitergabe irrelevanter oder überflüssiger Informationen besteht. Vielmehr beschränkt sich die Pflicht auf die Weitergabe verfahrensrelevanter Informationen, die auch für andere Insolvenzverfahren über das Vermögen von Unternehmen des Konzerns von Bedeutung sein können. Um spätere Streitigkeiten und Haftungsfälle zu vermeiden, sollte der Insolvenzverwalter in der Grenze von § 269a Satz 1 2. HS den Begriff verfahrensrelevant großzügig auslegen und Informationen im Zweifel weiterleiten. Allerdings ist er nicht gehalten ein übergeordnetes Konzerninteresse im Auge zu behalten, sondern ist vorrangig verpflichtet, die Masse des von ihm betreuten Verfahrens zu schützen (vgl. Rn. 13).
2.1.1 Verpflichtung zur Weitergabe ohne Aufforderung
Rn 6
Die Verwalter sind auch ohne Aufforderung zur Weitergabe wesentlicher Informationen verpflichtet. Die Formulierung "insbesondere" in Satz 2 spricht dafür, dass die Unterrichtung der übrigen Insolvenzverwalter lediglich ein Unterfall der Zusammenarbeit ist, für die eine Pflicht in Satz 1 ausdrücklich geregelt ist. Wenn die Informationsweitergabe aber lediglich ein Sonderfall der Zusammenarbeitspflicht ist, muss die in Satz 1 formulierte Pflicht auch für die Informationsweitergabe bestehen. Dafür spricht auch, dass die anderen Insolvenzverwalter sonst Ausforschungen betreiben müssten, um überhaupt Anhaltspunkte für relevante Informationen zu erlangen. Dies wäre einer optimalen und zügigen Verfahrensabwicklung nicht zuträglich.
Rn 7
Weiterzugeben sind alle Informationen, die für das andere Verfahren von Bedeutung sein könnten. Eine Ausnahme sollte für Informationen gelten, die offensichtlich von untergeordneter Bedeutung oder bedeutungslos für das andere Verfahren sind. Bei derartigen Informationen kann ein Nachfragen des anderen Insolvenzverwalters durchaus erwartet werden.
2.1.2 Umfang der Unterrichtungspflicht
Rn 8
Der Umfang der Unterrichtungspflicht richtet sich nach den Bedürfnissen der einzelnen Verfahren. Eine pauschale Bestimmung ist nicht möglich. Insbesondere kann sie je nach Verfahrensstadium variieren.
Rn 9
Die Informationsdichte richtet sich dabei nach der bisherigen Verflechtung des Konzerns. Wird weiterhin eine gemeinsame Infrastruktur genutzt, wird man eine engere Abstimmung erwarten können und auch benötigen als in Fällen, in denen die Konzerngesellschaften praktisch losgelöst voneinander existieren. Denn dann wird auch die Sanierung voneinander unabhängig erfolgen können.
Rn 10
Über die nachfolgenden Punkte sollte unabhängig vom Einzelfall immer eine Abstimmung erfolgen:
- Ist eine Sanierung oder Liquidation in den jeweiligen Verfahren geplant?
- Wird die Geschäftstätigkeit der einzelnen Konzernunternehmen aufrechterhalten?
- Welche Art der Verwertung ist geplant?
Diese Fragen können jedoch lediglich einen Mindeststandard für Verfahren bilden, in denen eine vergleichsweise unabhängige Abwicklung der einzelnen Verfahren erfolgt. Für eine tatsächlich gemeinschaftliche Fortführung bzw. Abwicklung, die nach Wunsch des Gesetzgebers die bisherige enge vertragliche Verflechtung der Gesellschaften widerspiegelt und der engen Beziehung zwischen den einzelnen Gesellschaften gerecht wird, muss man eine wesentlich höhere Informationsdichte fordern.
2.1.3 Form der Informationsweitergabe
Rn 11
Die Informationsweitergabe ist grundsätzlich formlos möglich. Praktisch lässt sich der gegenseitige Kommunikationsfluss durch regelmäßige Telefon- und Videokonferenzen und gemeinsame (protokollierte) Meetings der verschiedenen Insolvenzverwalter sicherstellen. Die Verwalter sollten aber für spätere Streitfälle eine Mitteilungsart wählen, die einen Nachweis zulässt bzw. bei entsprechenden Meetings Protokolle führen.
2.2 Pflicht zur Zusammenarbeit
Rn 12
Die Zusammenarbeit erfasst darüber hinaus weitere Pflichten, die über die bloße Kommunikation hinausgehen. Grundsätzlich können die Koordinationspflichten im Wege der systematischen Auslegung aus § 269h und § 269f abgeleitet werden. Wichtige Pflichten sind dabei u.a. die Zurverfügungstellung gemeinsam benötigter Dokumente und die Bereitstellung einer Lesefassung eingeholter Sachverständigengutachten. Hierzu dürfte ebenfalls die Weitervermittlung von Gläubigern gehören, die sich versehentlich an den "falschen" Insolvenzverwalter gewandt haben. Unter Zusammenarbeit dürfte im Rahmen der Betriebsfortführung auch verstanden werden, dass der Insolvenzverwalter die bisherigen vertraglichen Leistungen zwischen den Gesellschaften weiterhin erfüllt, sofern die Masse seines Insolvenzv...