Rn 3
Um eine solche einheitliche Verwertungsstrategie zu erhalten, ermöglicht § 3d die Verweisung an das Gericht des Gruppen-Gerichtsstandes nach §§ 3a. Sofern gruppenangehörige Schuldner oder deren Gläubiger Anträge auf Eröffnung von Gruppen-Folgeverfahren bei anderen Gerichten als bei dem nach § 3a Abs. 1 zuständigen Gericht stellen, eröffnet § 3d die Verweisungsoption. Die Vorschrift gilt damit für Eigenanträge und für Fremdanträge am Gerichtsstand ihres Sitzes oder des wirtschaftlichen Mittelpunktes i.S.v. § 3. Die Konstellation, die § 3d beschreibt, kann etwa aus Unkenntnis der Begründung eines Gruppen-Gerichtsstands nach § 3a entstehen.
Rn 4
Streitig ist, ob der durch § 3d in Bezug genommene Gruppen-Gerichtsstand nach § 3a bereits begründet werden musste, es also bereits eine diesbezügliche Beantragung und Eröffnung gegeben haben muss. Auf der einen Seite wird genau dieses gefordert. Es soll danach hier nur der Fall gemeint sein, dass der Antrag auf Zuständigkeitserklärung für die Gruppen-Folgeverfahren bereits gestellt und von dem anderen Gericht positiv beschieden worden ist. Diese Ansicht ist indes vor dem Hintergrund der Erleichterung der Konzerninsolvenzen und der Fokussierung auf den Gruppen-Gerichtsstand abzulehnen. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Gruppen-Gerichtsstand bereits beantragt und entsprechend eröffnet wurde, oder ob nämlicher zeitgleich beantragt wird. Auch dann kommt eine Verweisung nach § 3d in Betracht.
Rn 5
Die Verweisung liegt im Ermessen des Gerichts, welches zu prüfen hat, ob eine Verweisung auch bei Berücksichtigung des erreichten Verfahrensstands im Interesse der Gläubiger des Schuldners liegt. Die Verweisungsüberprüfung hat ferner von Amts wegen zu erfolgen. Diese kann dann zu verneinen sein, wenn das Verfahren bereits eröffnet wurde und der eingesetzte Verwalter bereits eine Vielzahl von Dispositionen getroffen hat.
In Teilen der Literatur wird eine Verweisungsverpflichtung angenommen. Dies ist abzulehnen. Es sind Fallkonstellationen vorstellbar, in denen eine Konzentration kontraproduktiv, bzw. nicht unbedingt förderlich und notwendig erscheint. Dies hat auch der Gesetzgeber so gesehen, und daher die Pflicht zur Verweisung nur für den Fall vorgesehen, in denen der Schuldner einen entsprechenden Antrag gem. § 3d Abs. 1 Satz 2 unverzüglich stellt. Ansonsten ist zu bewerten, wo die Ziele der Insolvenzordnung am besten realisiert und gewährleistet werden können.
Rn 6
Erfolgt hingegen unverzüglich nach der Bekanntgabe eines Gläubigerantrags ein Eigenantrag des Schuldners beim Gericht des Gruppen-Gerichtsstands, verweist das Gericht das Verfahren auf Antrag des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters, auf den die Verfügungsbefugnis übergegangen ist, oder des Insolvenzverwalters. Der sog. schwache vorläufige Insolvenzverwalter hat diese Kompetenz nicht. Dieser Kompetenzübergang ergibt sich aus § 3d Abs. 2 i.V.m. § 3a Abs. 3.
In diesem Fall ist durch das Erfordernis der unverzüglichen Eigenantragstellung gewährleistet, dass das Verfahren noch nicht in einer Weise gefördert wurde, die im Verweisungsfall Nachteile für die weitere Verfahrensführung erwarten lässt. Davon nicht erfasst ist die Konstellation, in denen ein Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Gruppen-Gerichtsstand stellt, und der Schuldner seinerseits einen Eigenantrag am Gerichtsstand nach § 3. Hier verbleibt es bei einer amtswegigen Ermessensentscheidung basierend auf dem Eigenantrag.
Rn 7
Der Verweisungsantrag des Schuldners, bei Vorliegen eines zusätzlichen Eigenantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, hat "unverzüglich" nach Kenntnis von dem Eröffnungsantrag eines Gläubigers zu erfolgen. Nach der Definition des § 121 BGB muss diese also ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Unverzüglich verlangt keine sofortige, sondern eine unter den gegebenen Umständen und bei Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite alsbald mögliche und zumutbare Erklärung. Abzustellen ist auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls. Unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, erfolgt eine Handlung nur, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Je nach konkretem Rechtsgebiet und je nach Sachlage wird eine Dauer von mehr als drei Wochen ab Kenntnis regelmäßig nicht mehr unverzüglich sein. Das BAG geht bei Zurückweisungen nach § 174 BGB sogar davon aus, dass eine Überschreitung von einer Woche nicht mehr unverzüglich ist. Dem Schuldner ist daher eine Abstimmung und Entscheidungsfindung in Bezug auf den Antrag zu gewähren. Als Obergrenze ist die Grenze des § 15a Abs. 1 zu betrachten, die im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung den Mitgliedern des Vertretungsorgans oder dem Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die Pflicht zu Stellung eines Eröffnungsantrags auferlegt. Die...