Rn 41
Ebenfalls nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG insolvenzfest sind die im Aussetzungszeitraum erfolgten Bestellungen von Sicherheiten zur Absicherung "solcher Kredite" im vorgenannten Sinne.
Rn 42
Der Privilegierungszeitraum hinsichtlich der im Aussetzungszeitraum bestellten Sicherheiten geht sogar über den 30. September 2023 hinaus. Für Sicherheiten, die im Aussetzungszeitraum bestellt wurden, wird nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG die an sich stets gegebene gläubigerbenachteiligende Wirkung einer Sicherheitenbestellung zeitlich unbegrenzt als fehlend fingiert. Diese Fiktion endet nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG nicht zum 30. September 2023, da sich die zeitliche Begrenzung dieses Tatbestands lediglich auf die Privilegierung von Zins- und Tilgungszahlungen bezieht. Das ist insoweit eine schlüssige Lesart des § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG, als sich die Gläubigerbenachteiligung zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung beurteilt (mag zu diesem Vornahmezeitpunkt auch eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreichend sein). Die Vornahmezeitpunkte für Zins- und Tilgungszahlungen sind hiernach die Zeitpunkte der jeweiligen Zahlungen, die bei mittel- oder langfristigen Sanierungskrediten nach dem Ende des Aussetzungszeitraums liegen. Im Hinblick auf die Bestellung einer Sicherheit ist der Vornahmezeitpunkt der Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit, genauer: die Erfüllung aller zur rechtlichen Wirksamkeit des Sicherungsrechts erforderlichen Voraussetzungen des ggf. auch mehraktigen Tatbestands der Bestellung. Vorausgesetzt ist insoweit nur, dass die Sicherheit im Aussetzungszeitraum bestellt worden sein muss. Es wird nicht vorausgesetzt, dass die insoweit privilegierte Sicherheit noch im Privilegierungszeitraum der Zins- und Tilgungszahlungen bis zum 30. September 2023 verwertet wird. Wird sie in einem Folgeinsolvenzverfahren erst nach dem 30. September 2023 verwertet, ist sie auch zu diesem späteren Zeitpunkt noch "insolvenzfest", weil der derart besicherte Gläubiger den anfechtenden Insolvenzverwalter auch nach dem 30. September 2023 noch auf die nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG fingierte fehlende gläubigerbenachteiligende Wirkung der Bestellung einer solchen Sicherheit im Aussetzungszeitraum verweisen kann.
Rn 43
Unter der hier für richtig erachteten Prämisse der Insolvenzfestigkeit der Besicherung auch über den 30. September 2023 hinaus, wären auch Tilgungen derart besicherter Forderungen nach dem 30. September 2023 regelmäßig nicht anfechtbar, weil sie "insolvenzfest" besichert sind und deshalb die Gläubigerbenachteiligung auch zu einem Tilgungszeitpunkt nach dem 30. September 2023 verneint werden kann.
Rn 44
Wird eine andere Lesart des § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG für richtig gehalten, nach welcher der besicherte Gläubiger in einem Folgeinsolvenzverfahren nach dem 30. September 2023 gegen eine etwaige Anfechtung seiner Sicherheit nicht mehr die privilegierende Fiktion der fehlenden Gläubigerbenachteiligung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG einwenden können soll, wäre dringend zu empfehlen, bei der Gewährung neuer Kredite in der aktuellen Krise eine Rückführung des neuen Kredits bis zu einem Zeitpunkt vorzusehen, der dem Gläubiger bei Verzug des Schuldners unter Berücksichtigung etwaiger vereinbarter "Heilungsfristen" und der für die Vornahme der Verwertungshandlungen erforderlichen Zeit eine Befriedigung seiner Forderungen infolge der Verwertung spätestens zum 30. September 2023 ermöglicht. Der Tilgungsplan bzw. die Endfälligkeit des COVID-19-Sanierungskredits wären demnach bei Besicherung des Kredits entsprechend zu vereinbaren. Im Ergebnis würde diese Auslegung zu einer Kumulierung der Fälligkeiten von unbesicherten und besicherten "COVID-19-Sanierungskrediten" kurz vor dem 30. September 2023 führen.
Rn 45
Die Insolvenzfestigkeit der im Aussetzungszeitraum bestellten Sicherheiten bezieht sich aber nur auf die Rechtshandlung der Bestellung der Sicherheit als Anknüpfungspunkt für die Insolvenzanfechtung. Ist das "Werthaltigmachen" der Sicherheit Anknüpfungspunkt für die Insolvenzanfechtung, kommt es entsprechend auf den Zeitpunkt des "Werthaltigmachens" an. Liegt dieser noch im Aussetzungszeitraum, sollte das Privileg nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG auch hier die Gläubigerbenachteiligung ex lege ausschließen. Ein späteres "Werthaltigmachen" außerhalb des Aussetzungszeitraums wäre hingegen nicht mehr erfasst, mag auch die werthaltig gemachte Sicherheit im Aussetzungszeitraum bestellt worden sein.