Rn 36
Die Insolvenzantragspflicht wurde schließlich für den Zeitraum vom 1. bis zum 31. Januar 2021 bzw. 30. April 2021 erneut ausgesetzt und die Aussetzung noch einmal verlängert (Rdn. 2b). Im Gegensatz zu den vorherigen Aussetzungen erfolgte aber keine pauschale Aussetzung wie in Abs. 1 (Rdn. 3 ff.) oder in Abs. 2 (Rdn. 34 f.). Vielmehr wurden bestimmte Voraussetzungen vorgesehen, um jedenfalls bei den Schuldner die Aussetzung zu beenden, die keinen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (Satz 1 – Rdn. 37) gestellt haben, dies nicht konnten (Satz 2 – Rdn. 39) oder deren Antrag offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (Satz 3 – Rdn. 43).
4.1 Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (Satz 1)
Rn 37
Nach Satz 1 ist die Insolvenzantragspflicht für die Schuldner ausgesetzt, die die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (sog. November- und Dezemberhilfen) gestellt haben. Hintergrund dieser Regelung sind die Verzögerungen bei den sogenannten November- und Dezemberhilfen. Diese Verknüpfung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mit diesen staatlichen Fördermitteln erscheint zweifelhaft. Es entsteht damit der Eindruck, dass die Gewährung dieser Hilfen die Insolvenz vermeiden oder eine Insolvenzantragstellung entbehrlich machen. Diesen Bedenken will der Gesetzgeber mit der Regelung des Abs. 3 Satz 3 (Rdn. 39) begegnen, die aufgrund der ungenauen Tatbestandsmerkmale allerdings nur bedingt geeignet ist.
Rn 38
Für eine Aussetzung ist die tatsächliche Antragstellung und nicht die Gewährung der November- und Dezemberhilfen erforderlich. Dabei ist zu beachten, dass zwischen dem Ende der Aussetzungsfrist und dem Ende der in Satz 1 vorgesehenen Antragsfrist für die November- und Dezemberhilfen kein Gleichlauf besteht, da Letztere schon am 28. Februar 2021 endet. Allerdings wird dieses Erfordernis der Antragstellung bis zum 28. Februar 2021 durch Satz 2 (Rdn. 39) weitestgehend relativiert. Die aussichtslose Antragstellung wird durch Satz 3 Alt. 1 adressiert (Rdn. 43 ff.) und führt nicht zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht.
4.2 Rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Antragstellung (Satz 2)
Rn 39
Soweit dem Schuldner eine Antragstellung nach Satz 1 (Rdn. 37) aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich war, kommt Satz 1 gleichwohl zur Anwendung, wenn der Schuldner nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fällt. Trotz der nicht völlig eindeutigen Formulierung in Satz 2 bezieht sich die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit auf die Beantragung der November- und Dezemberhilfen und nicht auf die Insolvenzantragstellung.
Rn 40
Den Nachweis für diese rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit muss der Geschäftsleiter erbringen, da durch Abs. 3 Satz 2 eine Ausnahme von der allgemeinen Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO angeordnet wird, die sich für ihn enthaftend auswirkt.
Rn 41
Welche genauen Anforderungen an die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit zu stellen sind, lässt weder Abs. 3 Satz 2 noch die Gesetzesbegründung erkennen. Tatsächlich dürften daran keine großen Anforderungen zu stellen sein. Entscheidender Aspekte ist die überhaupt bestehende Antragsberechtigung. Ist der Geschäftsleiter fälschlicherweise von einem Bestehen einer Antragsberechtigung ausgegangen, kommt ein Rechtsirrtum in Betracht. Vor dem Hintergrund der rechtlichen Komplexität der November- und Dezemberhilfen und deren kurzfristigen Schaffung sind auch in diesem Zusammenhang keine zu großen Anforderungen zu stellen.
Rn 42
Satz 2 steht unter dem Vorbehalt, dass der Schuldner nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms überhaupt in den Kreis der Antragsberechtigten gehört. Dies richtet sich nach den Regelungen zu den November- und Dezemberhilfen. An einen Irrtum des Geschäftsleiters sind in diesem Zusammenhang größere Anforderungen als an die anderen Antragsvoraussetzungen (Rdn. 41) zu stellen, da dies leichter aufklärbar ist.
4.3 Offensichtlich fehlende Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht (Satz 3)
Rn 43
Schließlich gelten die Sätze 1 (Rdn. 37 f.) und 2 (Rdn. 39 ff.) nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist. Dabei dürfte es sich um eine entscheidende Einschränkung handeln, die in ihrer praktischen Anwendung allerdings erheblichen Schwierigkeiten ausgesetzt ist.
Rn 44
Bei der offensichtlich fehlenden Aussicht auf Erlangung der November- und Dezemberhilfen ist vor allem relevant, ob der Schuldner überhaupt antragsberechtigt war, da dann schon keine Auszahlung erfolgen kann. Abgesehen davon dürfte eine Einschätzung durch den Schuldner aber erheblichen Schwierigkeiten ausgesetzt sein, die sich nur bedingt durch das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit einfangen lassen. Der Schuldner kann weder eine umfassende Prüfung der Antr...