Rn 34
Am 30.09.2015 erfolgte die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen betreffend einen Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion. Sodann erfolgte am 22.11.2016 ein Richtlinienvorschlag zu einem Rechtsrahmen über präventive Restrukturierungen, eine zweite Chance für insolvente Unternehmer sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz von Restrukturierungen, Insolvenzen und Restschuldbefreiungen. Dabei sollten u.a. Unternehmer eine zweite Chance nach einer Insolvenz erhalten können, wobei eine Restschuldbefreiung nach max. drei Jahren befürwortet wurde, die den individuellen Bedingungen des konkreten Unternehmens angepasst und im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen stehen sollten. In Summe sollte mit diversen Maßnahmen die Effizienz der Insolvenz-, Umstrukturierungs- und Schuldenbefreiungsverfahren verbessert werden.
Rn 35
Am 20.06.2019 erging dann eine konkrete Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz). Ziel dieser Richtlinie ist es, zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen und Hindernisse für die Ausübung der Grundfreiheiten, etwa des freien Kapitalverkehrs oder der Niederlassungsfreiheit, zu beseitigen, die auf Unterschiede zwischen den nationalen Vorschriften und Verfahren für die präventive Restrukturierung, die Insolvenz, die Entschuldung und Tätigkeitsverbote zurückzuführen sind. Ohne dass die Grundrechte und Grundfreiheiten der Arbeitnehmer beeinträchtigt werden, zielt diese Richtlinie darauf ab, solche Hindernisse zu beseitigen, indem sichergestellt wird, dass bestandsfähige Unternehmen und Unternehmer, die in finanziellen Schwierigkeiten sind, Zugang zu wirksamen nationalen präventiven Restrukturierungsrahmen haben, die es ihnen ermöglichen, ihren Betrieb fortzusetzen, dass redliche insolvente oder überschuldete Unternehmer nach einer angemessenen Frist in den Genuss einer vollen Entschuldung kommen und dadurch eine zweite Chance erhalten können, und dass die Wirksamkeit von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren, insbesondere durch Verkürzung ihrer Dauer, erhöht wird. Präventive Restrukturierungsrahmen sollten darüber hinaus dem Aufbau notleidender Kredite vorbeugen. Die Restrukturierungskosten, so die Richtlinie, müssen sowohl für Schuldner als auch für Gläubiger gesenkt werden. Die neue Richtlinie zielt zudem darauf ab, gemeinsame Grundsätze für präventive Restrukturierungsmechanismen in jedem EU-Mitgliedstaat, einschließlich Litauen, einzuführen. Ferner sollen bestandsfähigen Unternehmen und Unternehmern in finanziellen Schwierigkeiten den Zugang zu wirksamen präventiven Restrukturierungsrahmen ermöglicht werden, die ihnen helfen, ihre Geschäftstätigkeit fortzusetzen. Zudem soll dafür Sorge getragen werden, dass redliche insolvente oder überschuldete Unternehmer eine zweite Chance erhalten und dass sie nach einer angemessenen Frist in den Genuss einer vollen Entschuldung kommen. Auch die Effizienz von Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren soll gesteigert werden, insbesondere durch deren Verkürzung, und somit die Chance der Gläubiger auf stärkere Befriedigung ihrer Forderungen zu erhöhen.
Rn 36
Die neue Richtlinie legt Mindestnormen fest, die die Mitgliedstaaten in nationales Insolvenzrecht umsetzen müssen.