Rn 12
Unter Abs. 1 fallen nicht nur Kaufverträge, sondern auch vergleichbare Vertragskonstellationen. Kraft ausdrücklicher Verweisung auf das Kaufrecht sind hier zunächst Werklieferungsverträge zu nennen, § 651 Abs. 1 BGB.
Zu differenzieren ist bei Miet- oder Leasingverträgen mit einer Kaufoption des Mieters bzw. Leasingnehmers: Teilweise wird hier die uneingeschränkte Anwendbarkeit bejaht, teilweise wird eine analoge Anwendung gänzlich abgelehnt.
Rn 13
Da § 107 Abs. 1 den Insolvenzschutz des Anwartschaftsrechts bezweckt, kommt eine entsprechende Anwendung nur auf solche Konstellationen in Betracht, in denen der Vertragspartner des Insolvenzschuldners eine vergleichbare Rechtsposition hat. Dies ist bei einer rein schuldrechtlichen Option auf Erwerb des Eigentums nach Ablauf des Miet- oder Leasingvertrags nicht der Fall. Eine Anwendung der Bestimmung kommt hier allenfalls dann in Betracht, wenn bereits vorinsolvenzlich eine aufschiebend bedingte Übertragung des Eigentums erfolgt ist, wobei eine solche Konstellation in der Praxis nur selten vorkommen dürfte. Anwendbar ist § 107 Abs. 1 jedoch dann, wenn vor Verfahrenseröffnung die Option bereits ausgeübt worden war, im Zweifel liegt dann indes ohnehin ein Kaufvertrag vor.
Rn 14
Neben Kaufverträgen über bewegliche Sachen kommen für den Anwendungsbereich auch Verträge über Rechte in Betracht, sofern die Rechtsübertragung aufschiebend bedingt erfolgen kann und erfolgt ist. Letzteres ist für die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nicht der Fall (§ 925 Abs. 2 BGB), woraus sich die Regelung des § 106 erklärt.
Nicht ausreichend ist das Vorliegen eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemachten Angebots des Verkäufers auf Abschluss eines Kaufvertrags mit Lieferung unter Eigentumsvorbehalt, da der Käufer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Rechte mehr erwerben kann, § 91.
Rn 15
Der Eigentumsvorbehalt muss nicht notwendigerweise bereits von Beginn an in der schuldrechtlichen Vereinbarung enthalten sein, es kommt auch eine nachträgliche Vereinbarung etwa auf der Grundlage einer erst später erfolgten Stundung oder Bewilligung zunächst nicht vereinbarter Ratenzahlungen oder der Vorbehalt des Eigentums erst im dinglichen Verfügungsgeschäft in Betracht.
Rn 16
Relevant ist zunächst der einfache Eigentumsvorbehalt, für die Anwendbarkeit des § 107 Abs. 1 genügt jedoch auch das Vorliegen eines sog. erweiterten Eigentumsvorbehalts, bei dem die Eigentumsübertragung auch von der Erfüllung weiterer Forderungen des Verkäufers abhängig gemacht wird; ein Konzernvorbehalt ist gemäß § 449 Abs. 3 BGB nichtig.