2.3.1 Regelungsabreden
Rn 13
Auf Regelungsabreden, d.h. zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat getroffene Absprachen, die keine unmittelbaren Ansprüche der Arbeitnehmer begründen, sondern lediglich schuldrechtlich zwischen den Betriebsparteien wirken, ist § 120 entsprechend anwendbar, soweit sie die Insolvenzmasse belasten.
Rn 14
In Umsetzung einer Regelungsabrede mit einzelnen Arbeitnehmern individualvertraglich vereinbarte Bestimmungen bleiben von einer Beendigung der Regelungsabrede allerdings unberührt. Wegen des grundsätzlichen Verbots von Teilkündigungen des Arbeitsvertrags können sie einseitig nur gemeinsam mit dem Arbeitsverhältnis und unter Beachtung der allgemeinen Schranken des KSchG sowie des § 113 beseitigt werden.
2.3.2 Vereinbarungen mit dem Sprecherausschuss
Rn 15
Eine analoge Anwendung des § 120 ist auch für zwischen Arbeitgeber und Sprecherausschuss vereinbarte Richtlinien (§ 28 Abs. 1 SprAuG) und Sprecherausschussvereinbarungen (§ 28 Abs. 2 SprAuG), die für die Gruppe der leitenden Angestellten den Regelungsabreden und Betriebsvereinbarungen vergleichbare Bestimmungen über den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen enthalten können, geboten, wenn sie die Insolvenzmasse belasten. Ein Grund, leitende Angestellte in der Insolvenz gegenüber den übrigen Arbeitnehmern zu privilegieren, besteht nicht.
2.3.3 Vereinbarungen mit dem Europäischen Betriebsrat bzw. dem SE-Betriebsrat
Rn 16
Nichts anderes wird man für etwaige zwischen der Zentralen Leitung (§ 1 Abs. 3 EBRG) und dem Europäischen Betriebsrat (§§ 18, 21 ff. EBRG) bzw. den Leitungen (§ 2 Abs. 5 SEBG) und einem SE-Betriebsrat (§§ 2 Abs. 7, 21 ff. SEBG) geschlossene Vereinbarungen annehmen können. Da sich die Beteiligungsrechte des Europäischen Betriebsrats bzw. des SE-Betriebsrats im Regelfall auf Unterrichtungs- und Anhörungsrechte beschränken (§§ 17 ff., 31 ff. EBRG, 27 ff. SEBG), jedenfalls aber Leistungspflichten begründende Vereinbarungen mit dem Europäischen Betriebsrat bzw. dem SE-Betriebsrat unüblich sind, dürfte die praktische Bedeutung des § 120 in diesem Bereich allerdings gering sein.
Rn 17
Für zwischen der Zentralen Leitung bzw. den Leitungen und dem besonderen Verhandlungsgremium (§§ 8 ff. EBRG, SEBG) getroffene Vereinbarungen über die Errichtung eines Europäischen Betriebsrats (§ 18 EBRG) bzw. eines SE-Betriebsrats (§ 21 Abs. 1 SEBG) oder über ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung (§§ 19 EBRG, 21 Abs. 2, 3 SEBG) gilt § 120 demgegenüber nicht. Der Umstand allein, dass die Bildung einer Arbeitnehmervertretung auf europäischer Ebene mit Kosten verbunden ist (vgl. §§ 16, 30 EBRG, 19, 33 SEBG), reicht nicht aus, entsprechende Vereinbarungen im Fall der Insolvenz der Zentralen Leitung bzw. der SE massebelastenden Betriebsvereinbarungen i.S.d. § 120 Abs. 1 gleichzustellen.
2.3.4 Sozialpläne und Interessenausgleichsvereinbarungen
Rn 18
Sozialpläne, die gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG die Wirkung einer Betriebsvereinbarung haben, werden vom Anwendungsbereich des § 120 nicht erfasst, wenn sie vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aber nicht früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag aufgestellt worden sind. Ein Recht zur vorzeitigen Kündigung ist in diesem Fall nicht erforderlich, da sich beide Betriebsparteien gemäß § 124 Abs. 1 von dem Sozialplan ohne weitere Begründung durch Widerruf lösen können. § 124 ist insoweit lex specialis. Auch eine Beratungsobliegenheit nach § 120 Abs. 1 Satz 1 ist nicht notwendig. Denn das Ziel der Beratung, die Herabsetzung der massebelastenden Leistungen, kann durch den Widerruf schneller erreicht werden.
Rn 19
Demgegenüber unterfallen Sozialpläne dann dem Regelungsbereich des § 120, wenn sie früher als drei Monate vor dem Insolvenzeröffnungsantrag vereinbart wurden und sich noch massebelastend auswirken. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn die vom Sozialplan erfassten Arbeitsverhältnisse im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht rechtswirksam beendet sind und die nach dem Sozialplan vorgesehenen Leistungen daher durch den Insolvenzverwalter im Rang von § 55 Abs. 1 Nr. 2 bedient w...