Rn 38

In Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann (sogenannte "erzwingbare" Betriebsvereinbarungen), gelten die Regelungen der Betriebsvereinbarung nach Ablauf der Kündigungsfrist weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden (§ 77 Abs. 6 BetrVG). Im Rahmen von § 120dürften derartige Betriebsvereinbarungen in erster Linie bei mittelbar massebelastenden Regelungen nach § 87 Abs. 1 Nrn. 2, 3 BetrVG eine Rolle spielen, beispielsweise Betriebsvereinbarungen über Schichtpläne und die Lage der Arbeitszeit, die zum Anfall von Überstundenvergütung oder Schichtzuschlägen führen. Zwar widerspricht die Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung dem Regelungsziel des § 120, die Insolvenzmasse zu entlasten. Gleichwohl wurde im Gesetzgebungsverfahren zu § 120 auf einen Anwendungsausschluss des § 77 Abs. 6 BetrVG bewusst verzichtet.[87]

Soweit die Nachwirkung in der Betriebsvereinbarung – was zulässig ist[88]  – ausgeschlossen wurde, ändert die Eröffnung des Insolvenzverfahrens daran nichts.[89] Dass die Gesamtbindungsdauer des Arbeitgebers aufgrund der kurzen Kündigungsfrist des § 120 Abs. 1 Satz 2 gegenüber der ursprünglichen Absicht der Betriebspartner reduziert wird, ist hinzunehmen.

[87] BT-Drs. 12/7302, 170 zu § 138 RegE, der mit § 120 im Wesentlichen übereinstimmt.
[89] Zwanziger, 5. Aufl. 2015, § 120 Rn. 10.

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