2.1 Grundsatz
Rn 11
Das Eigenkapitalersatzrecht wurde zunächst am Leitbild der GmbH entwickelt. Fraglich ist damit, ob und inwieweit § 135 auch auf andere Gesellschaftsformen Anwendung findet. § 135 selbst ist rechtsformneutral formuliert. Insbesondere nimmt § 135 – anders als noch die alte Regelung in § 32a KO – nicht mehr ausdrücklich auf § 32a Abs. 1 und 3 GmbHG Bezug, sondern spricht nunmehr allgemein von der Forderung eines Gesellschafters. Letzteres geschah nicht ohne Grund. Vielmehr hat der Gesetzgeber ganz bewusst diese allgemein gehaltene Formulierung gewählt, um der Rechtsprechung Raum zu lassen, das Kapitalersatzrecht auf andere Rechtsformen zu übertragen. Insbesondere wollte der Gesetzgeber hierdurch die Rechtsprechung des BGH bestätigen, wonach das Kapitalersatzrecht – mit gewissen Modifikationen – auch auf Aktiengesellschaften Anwendung findet. Aus dieser Gesetzgebungsgeschichte folgert nun die überwiegende Ansicht, dass § 135 InsO auf solche Gesellschaftsformen Anwendung findet, bei denen es kapitalersetzende Gesellschafterhilfen gibt.
Rn 12
Unstreitig erfasst von § 135 sind danach etwa die GmbH & Co. KG (§ 172a HGB) sowie Personenhandelsgesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einzustehen hat (§ 129a HGB). Anwendung findet das Kapitalersatzrecht auch auf die AG. Inwieweit darüber hinaus andere Gesellschaftsformen in den Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts fallen, ist streitig. Eine im Vordringen befindliche Ansicht jedenfalls will das Kapitalersatzrecht auch jenseits dieser allgemein gesicherten Fälle anwenden. Diskutiert wird dies etwa für die Stiftung, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Genossenschaft, die gesetzestypischen Personenhandelsgesellschaften (insbesondere die einfache Kommanditgesellschaft) und vereinzelt auch für den Verein. Die wohl überwiegende Ansicht begegnet dieser Ausweitung des Kapitalersatzrechts eher mit Skepsis. Dies gilt insbesondere für eine Ausdehnung des Kapitalersatzrechts auf sämtliche Personengesellschaften. Hiergegen wird vor allem die Begründung im RegE angeführt, die ausdrücklich auf die §§ 129a, 172a HGB Bezug nimmt und damit den Anfechtungstatbestand wohl kaum auf sämtliche OHG und KG ausweiten wollte.
Rn 13
Vor dem Hintergrund des Normzwecks des Kapitalersatzrechts (siehe oben Rn. 2 f.) sprechen freilich die besseren Gründe für einen weiten, rechtsformübergreifenden Ansatz des § 135 InsO; denn die dem Kapitalersatzrecht zugrunde liegenden negativen Folgen einer Krisenfinanzierung (Gläubigertäuschung, Verschärfung des Verteilungskonflikts in der Insolvenz, Gläubigergefährdung) sind offensichtlich rechtsformneutral. Sie treten völlig unabhängig davon ein, wie die Organisations-, Haftungs- oder Finanzverfassung des Kreditnehmers ausgestaltet ist. Ob die "Kredithilfe" einer GmbH, einer gesetzestypischen KG oder einem Verein in der Krise gewährt wird, macht – im Hinblick auf die hiermit verbundenen Gläubigergefahren – keinen Unterschied. Daher findet § 135 InsO grundsätzlich auf jede Gesellschaft Anwendung. Letzteres schließt freilich rechtsformspezifische Differenzierungen auf der Tatbestandsebene – insbesondere im Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts – nicht aus.
2.2 Ausnahmen
Rn 14
Nur eingeschränkt anwendbar sind die Regeln zum Kapitalersatzrecht auf Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (§ 24 UBGG). Besonderheiten gelten auch für die von der Treuhandanstalt ausgereichten Gesellschafterhilfen bzw. für Kredite, die nach dem Einigungsvertrag ausgezahlt worden sind.