Rn 43
Neben der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterhilfe setzt der Anfechtungstatbestand nach § 135 – i.S. einer allgemeinen Anfechtungsvoraussetzung – eine anfechtbare Rechthandlung im Vorfeld der Insolvenzeröffnung voraus. Durch die Rechtshandlung muss dem Gesellschafter (bzw. gleichgestellten Dritten) in Bezug auf seine kapitalersetzende Forderung entweder eine Sicherung oder aber Befriedigung gewährt worden sein. Geht es demgegenber um die Frage, ob die kapitalersetzende Forderung im (eröffneten) Insolvenzverfahren durchgesetzt werden kann, so richtet sich dies nicht nach § 135, sondern nach § 39 Abs. 1 Nr. 5.
Rn 44
Der Begriff "Rechthandlung" ist im Rahmen des § 135 ebenso zu verstehen wie in den sonstigen insolvenz– und gläubigeranfechtungsrechtlichen Bestimmungen und wird mithn weit ausgelegt. Daher muss die Rechtshandlung nicht notwendig vom Schuldner kommen. Anfechtbar sind vielmehr auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
3.4.1 Gewährung einer Sicherung
Rn 45
Als eine die Anfechtung rechtfertigende Rechtshandlung benennt § 135 die Sicherung der kapitalersetzenden Forderung durch die Gesellschaft. Unter den Begriff Sicherung fällt dabei jede aus Gesellschaftsmitteln gewährte Sicherheit. Der Begriff ist in einem weiten Sinne zu verstehen. Nicht notwendig ist, dass die Forderung zu einem Zeitpunkt besichert wurde, in dem diese bereits kapitalersetzend war. Ausreichend ist vielmehr, dass die Forderung – bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens – kapitalersetzend geworden ist. Fraglich ist die Rechtsfolge, wenn die Besicherung angefochten wird. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass der Anspruch insoweit auf Aufhebung der Sicherheit und nicht nur auf deren Nicht-Geltendmachung geht. Auch wenn man dieser Ansicht folgt, ist die Anfechtung der Besicherung – praktisch gesehen – überflüssig; denn nach h.M. kann der Insolvenzverwalter die Geltendmachung eines Absonderungsrechts des Gesellschafters auch ohne Anfechtung abwehren. Für akzessorische Sicherungsrechte folgt dies schon daraus, dass die gegen die Forderung bestehenden Einreden und Einwendungen (hier Durchsetzungssperre) auch gegen die Sicherheit durchschlagen (z.B. §§ 1211, 1137 BGB). Bei nichtakzessorischen Sicherungsrechten leitet die h.M. das Verwertungsverbot zu Lasten des Gesellschafters aus der Anfechtungs- bzw. Bereicherungseinrede ab.
Rn 46
Abweichend von dem früheren § 32a KO ist die Anfechtung auf solche, eine Sicherung gewährende Rechtshandlungen beschränkt, die innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder aber in dem Zeitraum zwischen Antragstellung und Insolvenzeröffnung vorgenommen worden sind. Bei zusammengesetzten Rechtshandlungen kommt es dabei auf den letzten Teilakt an (siehe auch § 140). Die Berechnung der Frist richtet sich nach § 139.
3.4.2 Befriedigung des Gläubigers
Rn 47
Befriedigung ist jede Rechtshandlung, durch welche eine Forderung des Gesellschafters auf Rückgewähr der kapitalersetzenden Finanzierungshilfe getilgt wird. Hat die Leistung keine Erfüllungswirkung zugunsten des Gesellschafters, ist sie also nicht auf die Forderung des Gesellschafters anzurechnen, so kommt § 135 nicht zur Anwendung. Tilgungswirkung in diesem Sinne hat freilich nicht nur die Rückerstattung der (von der Durchsetzungssperre betroffenen) geschuldeten Leistung. Erfasst werden vielmehr auch Leistungen an Erfüllungs statt, erfüllungshalber, die Aufrechnung, Hinterlegung oder aber die Leistung von Erfüllungssurrogaten. Gleiches gilt, wenn sich der Gesellschafter aus einer am Vermögen der Gesellschaft bestellten Sicherheit für seine kapitalersetzende Forderung befriedigt. Nichts anderes gilt, wenn nach § 362 Abs. 2, § 185 BGB an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet wird.
Rn 48
Weitere Voraussetzung für eine Anfechtung nach § 135 Nr. 2 InsO ist, dass die Befriedigung im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. in dem Zeitraum zwischen Antragstellung und Insolvenzeröff...