Rn 7
Die Parteien können zwar § 136 nicht abbedingen. Sie können aber im Einzelfall vereinbaren, dass das vom Stillen zu tragende Risiko an der wirtschaftlichen Unternehmung über die in § 236 Abs. 2 HGB genannte Rechtsfolge hinausgeht. Im Grundsatz sind hier zwei Fallgestaltungen denkbar:
1.3.2.1 Eigenkapitalgleiche Bindung
Rn 8
Die Parteien vereinbaren, dass die vom Stillen hingegebenen Mittel nicht nur in Bezug auf eine eventuelle Verlustbeteiligung, sondern insgesamt eigenkapitalgleich (und damit nicht wie eine typische Einlage eines stillen Gesellschafters) behandelt werden soll. Weder Insolvenzrecht noch Gesellschafts-/GmbH-Recht stehen einer solchen parteivereinbarten eigenkapitalgleichen Bindung von Fremdmitteln entgegen. Einen derartigen Parteiwillen hat die Rechtsprechung mitunter in den Fällen der "gesplitteten Einlage" bzw. des "Finanzplankredits" angenommen. Es handelt sich hierbei um die Fallgestaltung, dass der Gesellschafter neben seiner Stammeinlage eine weitere Leistung mit Kreditcharakter erbringt und diese – obwohl sie nach seinem Willen eigenkapitalgleichen Charakter hat – als gewöhnliche "stille Beteiligung" und damit "falsch" etikettiert. Für die Frage, wie eine derartige Gesellschafterleistung in der Insolvenz der Gesellschaft zu behandeln ist, kommt es dann nicht auf die vom Gesellschafter gewählte Bezeichnung, sondern auf den der Gesellschafterleistung zugedachten Charakter an.
Rn 9
Die wohl überwiegende Ansicht in der Literatur will auf derartige eigenkapitalgleiche Leistungen – im Verhältnis zur GmbH – die §§ 30, 31 GmbHG entsprechend anwenden. Verzichtet die Gesellschaft folglich auf den Anspruch auf Auszahlung im Vorfeld der Insolvenzeröffnung, zahlt die Gesellschaft Zinsen für die Nutzung des eigenkapitalgleichen Fremdkapitals oder zahlt sie das gewährte Darlehen zurück, dann ist dies – h. M. zufolge – nur insoweit zulässig, als die Zahlung nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen erfolgt. Letztlich wendet damit die h. M. auf eigenkapitalgleiche Fremdmittel die für Eigenkapital in Form von Nachschusskapital geltenden Regeln entsprechend an. Dort wo diese oder vergleichbare Bestimmungen in Bezug auf die Kapitalbindung nicht existieren, will man § 136 (aber modifiziert) anwenden. Richtiger Ansicht sind nicht die Vorschriften über die Kapitalerhaltung anzuwenden. Vielmehr steht der Rückzahlungsanspruch des Stillen unter einer vertraglich vereinbarten Bedingung, nämlich unter dem Vorbehalt der Erfüllbarkeit aus dem Nettoaktivvermögen. Es kann freilich auch eine andere Grenze bzw. wirtschaftliche Kennzahl vereinbart werden. Wird dieser "Sperre" zuwider gehandelt, ergibt sich ein Rückzahlungsanspruch zugunsten der Gesellschaft aus § 812 Abs. 1 BGB und – im Fall der Insolvenzeröffnung – aus § 134 InsO.
Rn 10
Auch nach der Rechtsprechung des BGH zu "Finanzplankrediten" führen die in Rede stehenden (finanzplanmäßigen) vertraglichen Vereinbarungen zu einer umfassenden, insbesondere über § 490 Abs. 1 BGB hinausgehenden Bindung mit der Folge, dass das Darlehen deshalb ohne die Möglichkeit einer Berufung auf § 490 Abs. 1 BGB gewährt werden bzw. belassen werden muss, soweit nicht vorrangige Gläubiger vollständig befriedigt sind. Folgt man dieser Linie von Literatur und Rechtsprechung, dann hat die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts an diesen Rechtsfolgen qua Vertrag nichts Grundlegendes geändert, da der BGH schon bisher die Unabhängigkeit seiner Rechtsprechung vom Eigenkapitalersatzrecht stets betont hat.