2.1 Überblick
Rn 6
Nach § 140 Abs. 1 gilt eine Rechtshandlung in dem Zeitpunkt als vorgenommen, in dem die Rechtswirkungen der Handlung eintreten. Es kommt also nicht auf Zeitpunkt der (realen) Handlung, sondern auf den Zeitpunkt an, zu dem die Handlung ihre rechtliche Wirkung entfaltet. Dies ist der Fall, wenn nach der Rechtsordnung auf ein bestehendes Recht unmittelbar eingewirkt, es verändert, es übertragen oder aufgehoben wird. Auf die Rechtswirksamkeit des Vorgangs kommt es dabei jedoch nicht an, soweit nur eine Vermögensverkürzung beim Schuldner feststellbar ist. Mehrere Rechtshandlungen sind dabei getrennt nach ihren Rechtswirkungen zu beurteilen, auch soweit sie bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Einheit bilden. Dies entspricht der Funktion des Anfechtungsrechts. Denn diese soll nicht Handlungen ungeschehen machen, sondern gläubigerbenachteiligende Wirkungen beseitigen.
2.2 Einaktige Rechtshandlungen
Rn 7
Einaktige Rechtshandlungen sind mit deren Abschluss vorgenommen. Einaktige Rechtshandlungen sind solche, die nach einer einzelnen Handlung ihre rechtlichen Wirkungen entfalten (z.B. Verzicht auf eine Hypothek, Eigentumsaufgabe oder empfangsbedürftige Gestaltungserklärungen).
2.3 Mehraktige Rechtshandlungen
2.3.1 Allgemeines
Rn 8
Bei mehraktigen Rechtshandlungen (Handlungen, die aus mehreren Teilakten bestehen) ist auf den letzten zur Erfüllung ihres Tatbestandes erforderlichen Teilakt abzustellen. Fällt auch nur ein Teilakt in die Anfechtungsfrist, ist diese gewahrt. Bei der Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen nach §§ 929 ff. BGB ist es zur Wahrung der Anfechtungsfrist daher ausreichend, wenn zwar die dingliche Einigung außerhalb dieser, die reale Übergabe oder das Übergabesurrogat (als Teilakt) aber noch innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt.
2.3.2 Mehraktige und mehrere Rechtshandlungen
Rn 9
Mehraktige Rechtshandlungen sind von mehreren separat zu beurteilenden Rechtshandlungen zu unterscheiden. Jede Rechtshandlung, die eigene Rechtswirkungen entfaltet, muss für sich geprüft werden. Auf eine einheitliche Betrachtungsweise kommt es indes nicht an. So ist etwa bei der Forderungspfändung der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss von der Zahlung des Drittschuldners zu unterscheiden. Rechtswirkung der Forderungspfändung ist das Entstehen eines Pfändungspfandrechtes an der gepfändeten Forderung, Rechtswirkung der Zahlung durch den Drittschuldner die Gläubigerbefriedigung. Es handelt sich somit nicht um eine mehraktige Rechtshandlung, sondern um mehrere separat zu beurteilende Rechtshandlungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre rechtliche Wirkung entfalten. Gleiches gilt für die Darlehensaufnahme einerseits und die Hingabe der Darlehenssumme an einen Dritten andererseits.
Rn 10
Ein weiterer Fall separat zu beurteilender Rechtshandlungen ist die Teilleistung. Dabei stellen der zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag und jede Teilleistung selbständige Rechtshandlungen dar, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre Wirksamkeit entfalten. Für jede Teilleistung muss die Anfechtungsfrist folglich gesondert geprüft werden. Dies entspricht auch dem anfechtungsrechtlichen Zweck gläubigerbenachteiligende Wirkungen zu beseitigen; erst jede Teilleistung für sich führt zu einer Vermögensverkürzung. Bei einem Kaufvertrag mit Ratenzahlungsvereinbarung etwa, ist der maßgebliche Zeitpunkt i.S. des § 140 für jede einzelne Ratenleistung z...