Rn 41
Jede Maßnahme der Zwangsvollstreckung (Pfändung, Verwertung, Auskehr des Erlöses) ist eine für sich separat zu beurteilende Rechtshandlung (Rn. 9). So ist etwa bei der Forderungspfändung zwischen dem Akt der Pfändung und der Zahlung des Drittschuldners zu differenzieren. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Rechtshandlungen. Im Rahmen der Anfechtung von Vollstreckungsmaßnahmen ist aber regelmäßig nur auf die Vollendung der Rechtshandlung der Pfändung abzustellen. Die Anfechtung der Folgemaßnahmen der Zwangsvollstreckung (Verwertung, Erlösauskehr) oder Befriedigung des Gläubigers durch Zahlung werden gewissermaßen erfolglos sein, wenn das Pfändungspfandrecht an sich anfechtungsfest ist und zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 Abs. 1 berechtigt. In diesem Fall wird die Gläubigergesamtheit durch die weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht benachteiligt.
Rn 42
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entfalten ihre Rechtswirkungen im dem Zeitpunkt, in welchem sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen gegeben sind. Die Sachpfändung entfaltet ihr Rechtswirkung daher regelmäßig im Zeitpunkt der Inbesitznahme durch den Gerichtsvollzieher, durch Anbringung eines Pfandsiegels oder Pfandanzeige. Bei der Anschlusspfändung (§ 826 Abs. 1 ZPO) ist regelmäßig der Zeitpunkt der Protokollanfertigung durch den Gerichtsvollzieher maßgebend, soweit sie nicht in der Form der Erstpfändung geschieht.
Rn 43
Die Rechtspfändung einer Geldforderung entfaltet ihre rechtliche Wirkung im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses bzw. der -verfügung an den Drittschuldner (§ 829 Abs. 2 u. 3 ZPO, § 309 Abs. 2 AO). Gleiches gilt für den gesondert zu betrachtenden Überweisungsbeschluss (§ 835 Abs. 3, § 829 Abs. 2 u. 3 ZPO) bzw. die Einziehungsverfügung (§ 314, § 309 Abs. 2 AO). Bei der Herausgabepfändung nach § 846 ff. ZPO kommt es ebenfalls auf die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner an. Fehlt es bei der Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte (§ 857 Abs. 2 ZPO) an einem Drittschuldner, kommt es auf die Zustellung des Beschlusses an den Schuldner an. Die Vorpfändung (§ 845 ZPO) ist selbständig anfechtbar. Bei ihr kommt es auf den Zeitpunkt der Zustellung der Pfändungsankündigung an.
Rn 44
Bezieht sich eine Pfändung auf eine künftige Forderung, wird ein Pfandrecht an dieser erst mit deren Entstehung begründet und nicht schon mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses, so dass auch anfechtungsrechtlich auf Entstehungszeitpunkt abzustellen ist, denn die anfechtungsrechtliche Gläubigerbenachteiligung kommt erst mit Entstehen der Forderung zum Tragen.
Rn 45
Die rechtlichen Wirkungen der Pfändung des künftigen Auszahlungsanspruchs des Schuldners gegen ein Kreditinstitut aus einem vereinbarten Dispositionskredit (offene Kreditlinie/Kontokorrentkredit) treten erst dann ein, sobald und soweit der Schuldner den ihm zur Verfügung stehenden Kreditbetrag etwa durch Barabhebung, Überweisung oder auf anderem Wege abruft. Denn erst durch den Abruf (Verfügung des Schuldners in Form eines einseitigen Gestaltungsrechts) wird der pfändbare Anspruch auf Auszahlung des Schuldners gegen das Kreditinstitut begründet. Die lediglich geduldete Kontoüberziehung (Überziehungskredit) durch den Schuldner ist regelmäßig schon nicht gläubigerbenachteiligend.