4.1 Allgemeines
Rn 21
Sind die Voraussetzungen des § 145 Abs. 1 bzw 2 erfüllt, kann die Anfechtbarkeit gegen den Rechtsnachfolger geltend gemacht werden. Aus dem Wortlaut "Anfechtbarkeit" folgt, dass dem Rechtsnachfolger die Anfechtbarkeit auch in anderer Weise als durch Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs entgegen gehalten werden kann, nämlich durch einredeweise Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs i.S. des § 146 Abs. 2.
Rn 22
Der Rechtsnachfolger haftet selbständig auf Rückgewähr, d.h. nicht anstelle des Rechtsvorgängers, sondern – u.U. – neben ihm. Ob es sich hierbei um eine Erstreckung der mit dem Ersterwerb entstandenen "haftungsrechtlichen Unwirksamkeit" auf den Rechtsnachfolger oder aber um die Entstehung eines "neuen" Anspruchs gegen den Rechtsnachfolger handelt, ist umstritten. Unabhängig von der rechtsdogmatischen Deutung des § 145 besteht jedoch Einigkeit darüber, dass im Verhältnis zum Insolvenzverwalter Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger nach § 421 BGB gesamtschuldnerisch haften, wenn sich die Ansprüche decken. Das ist der Fall, wenn beide Ansprüche auf Wertersatz i.S. des § 143 Abs. 1 Satz 2 gehen. Kein Gesamtschuldverhältnis liegt – grundsätzlich – vor, wenn der eine Anspruch auf Herausgabe der Sache, der andere auf Wertersatz geht. Aufgrund des weiten Begriffs der Einzelrechtsnachfolge (siehe oben Rn. 11 ff.) sind darüber hinaus vielfältige Fälle denkbar, in denen sich die Haftung des Rechtsnachfolgers nicht mit derjenigen des Rechtsvorgängers deckt. Auch hier hat der Insolvenzverwalter die Wahl, gegen wen er vorgehen will. Die Anfechtung gegen den Rechtsnachfolger lässt die Haftung des Rechtsvorgängers nicht entfallen. Erstattung seiner Gegenleistung kann der Rechtsnachfolger nur von seinem Rechtsvorgänger verlangen. Es gilt insoweit § 144 Abs. 1 entsprechend.
4.2 Prozessuales
Rn 23
Werden Rechtsnachfolger und Rechtsvorgänger zusammen verklagt, sind sie einfache Streitgenossen. Die Prozessvoraussetzungen sind also für jeden Streitgenossen gesondert zu prüfen und auch im Übrigen sind die Ergebnisse in den beiden Prozessen unabhängig voneinander. Zur Unterbrechung der Verjährung gegenüber dem Rechtsnachfolger genügt, dass der Rückgewähranspruch gegenüber dem Rechtsvorgänger innerhalb der Verjährungsfrist des § 146 InsO geltend gemacht wird (str. siehe § 146 Rn. 16).
Rn 24
Durch eine rechtskräftige Verurteilung des Ersterwerbers in dem Prozess gegen diesen wird nicht auch in dem Anfechtungsprozess gegen den Rechtsnachfolger die Anfechtbarkeit des Ersterwerbs rechtskräftig festgestellt. Eine Rechtskrafterstreckung findet insoweit nicht statt; denn der Streitgegenstand ist verschieden. § 145 begründet nämlich einen eigenständigen von dem Anfechtungsanspruch gegen den Ersterwerber verschiedenen Anfechtungsanspruch. Zudem ist die Anfechtbarkeit in beiden Verfahren lediglich Vorfrage, so dass eine Bindungswirkung ohnehin ausscheidet.
Rn 25
Veräußert der Anfechtungsgegner den anfechtbar erworbenen Gegenstand während des Prozesses, findet nach h.M. § 265 ZPO keine Anwendung. Im Streit befangen i.S. des § 265 ZPO ist eine individuell bestimmte körperliche Sache dann, wenn die rechtliche Beziehung zu ihr den Kläger oder den Beklagten zur Sache legitimiert. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine solche Berechtigung den unmittelbaren Gegenstand des Rechtsstreits bildet. Wegen des Normzwecks des § 265 ZPO, nämlich Doppelprozesse zu vermeiden, muss darüber hinaus die "Streitbefangenheit" auch im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen. Ein Übergang der streitbefangenen Sache liegt daher nur dann vor, wenn der Klagegrund – von der Abtretung bzw Übertragung an den Rechtsnachfolger einmal abgesehen – bei einem neuen Prozess identisch wäre. Mag die erste Voraussetzung – insbesondere im Hinblick auf die Rechtsprechungsänderung zum Anfechtungsanspruch in der Insolvenz des Anfechtungsgegners – u.U. noch gegeben sein, so fehlt es sicherlich an der zweiten. Mithin ist bei einer Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs nach § 143 Abs. 1 Satz 1 der anfechtbar weggegebene Gegenstand nicht streitbefangen.
Rn 26
Wechselt der Insolvenzverwalter während des Prozesses von einem Anspruch aus §§ 130 ff. zu einem solchen aus § 145 Abs. 2, so liegt hierin – aufgrund des deutlich abweichenden Lebenssachverhalts – eine Klageänderung. Wird allerdings der ursprüngliche Anspruch während des Prozesses unmöglich...