Rn 9
§ 147 Satz 1 verweist dem Wortlaut nach nicht auf den Rechtserwerb nach § 91 Abs. 2 i.V.m. § 878 BGB. Das ist zunächst einmal nachvollziehbar für die Fälle, in denen die Erklärung für den Schuldner bindend geworden ist und der Gläubiger den Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt vor Insolvenzeröffnung gestellt hat. Dieser von § 878 BGB erfasste Fall ist nämlich nicht dem § 147 Satz 1, sondern dem § 129 unmittelbar zuzuordnen. Dies folgt aus § 140 Abs. 2. Danach gilt ein Rechtsgeschäft als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem – die übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen des Rechtsgeschäfts unterstellt – die Willenserklärung für den Schuldner bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. § 129 kommt damit zur Anwendung, obwohl die Eintragung (und damit auch die Rechtsänderung) erst nach Insolvenzeröffnung erfolgt ist. Letztlich bleibt damit der Vollrechtserwerb bestandsfest, wenn der Erwerber im Vorfeld der Insolvenzeröffnung das Anwartschaftrecht aus § 878, § 873 Abs. 2 BGB anfechtungsfest erworben hat (vgl. § 91 Abs. 2). Einem insolvenzfesten Anwartschaftsrecht entspricht mit anderen Worten ein anfechtungsfester Rechtserwerb. Daher können in einem solchen Fall Verzögerungen im Eintragungsverfahren anfechtungsrechtlich auch dann nicht zu Lasten des Erwerbers gehen, wenn dieser nach Stellung des Eintragungsantrags von der Verfahrenseröffnung erfährt oder anderweitig bösgläubig wird.
Rn 10
Anders ist die Rechtslage dann, wenn – trotz bindender Erklärung für den Schuldner – nicht der andere Teil, sondern allein der Schuldner den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung beim Grundbuchamt gestellt hat. Auch dieser Fall ist von § 878 BGB erfasst, da die Vorschrift nicht danach differenziert, wer den Antrag gestellt hat. Über den Verweis in § 91 Abs. 2 auf § 878 BGB ist hier ebenfalls nach Insolvenzeröffnung ein Rechtserwerb noch möglich. Anfechtungsrechtlich wird nun aber dieser Rechtserwerb nicht dem § 129 zugewiesen; denn hat nur der Schuldner den Antrag auf Eintragung gestellt, verbleibt es anfechtungsrechtlich bei § 140 Abs. 1, wonach eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen gilt, in dem ihre rechtliche Wirkungen eintreten. Das ist der Zeitpunkt der (nach Insolvenzeröffnung erfolgten) Eintragung mit der Folge, dass § 129 keine Anwendung findet. Da nun für diesen Fall § 147 Satz 1 nicht auf § 878 BGB verweist, stellt sich letztlich der Erwerber anfechtungsrechtlich schlechter, wenn nicht er, sondern der Schuldner den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Dieses Ergebnis ist umso verwunderlicher, als – nach h.M. – der Erwerber nur dann eine gesicherte Rechtsposition in Form eines Anwartschaftsrechts in den Fällen des § 878 BGB erwirbt, wenn (auch) er den Eintragungsantrag beim Grundbuchamt gestellt hat. Ein an sich weniger schützenswerter Erwerber kommt damit also bei einer wörtlichen Auslegung des § 147 Satz 1 in eine bessere, nämlich unanfechtbare Rechtsposition.
Rn 11
Wie nun diese durch das Zusammenspiel von § 140 Abs. 2 und § 147 Satz 1 gerissene Lücke zu schließen ist, ist fraglich. Hier stehen sich verschiedene Ansichten gegenüber. Mitunter wird darauf hingewiesen, dass der Widerspruch nicht allzu groß und daher hinzunehmen sei; denn der Insolvenzverwalter könne ja mit Insolvenzeröffnung den Antrag des Schuldners zurück nehmen und dadurch den Rechtserwerb verhindern. Die Möglichkeit der Antragsrücknahme mag zwar in manchen Fällen die Anfechtung überflüssig machen; sie beseitigt aber den Wertungswiderspruch für den Fall nicht, dass – aus welchen Gründen auch immer – die Antragsrücknahme durch den Insolvenzverwalter unterbleibt. Anderer Ansicht nach soll § 140 Abs. 2 korrigierend dahingehend ausgelegt werden, dass auch in den Fällen der Antragstellung durch den Schuldner das Rechtsgeschäft zu diesem Zeitpunkt als vorgenommen gilt. Durch diese zeitliche Vorverlagerung des anfechtungsrechtlich relevanten Zeitpunkts würde freilich der Schutz der Insolvenzgläubiger – ohne sachliche Begründung – verkürzt. Letztlich sprechen daher für die Einbeziehung des § 878 BGB in § 147 Satz 1 für den Fall, dass allein der Schuldner den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat, die besseren Gründe. Nur auf den ersten Blick steht diese Ansicht nämlich in einem Spannungsverhältnis zu den Gesetzesmaterialien. Der Gesetzgeber hatte zwar seinerzeit bewusst § 878 BGB nicht in den § 147 Satz 1 aufgenommen und sich damit gegen die frühere h.L. und Rechtsprechung gewandt. Dies geht letztlich daraus hervor, dass der RegE die Begründung aus dem RefE seinerzeit unverändert übernommen hatte. Dabei wurde jedoch übersehen, dass ursprünglich § 140 Abs. 2 die Einschränkung, dass der Antrag "von dem anderen Teil" gestellt sein müsse, noch nicht enthielt. Eine Privilegierung der Fälle in § 878 BGB, in denen der Schuldner den Antrag auf Eintragung stellt, war damit auch von dem Gesetzgeber seinerzeit n...