4.4.1 Pflichten bei der Auswahl der kontoführenden Bank (Einwendungsdurchgriff)
Rn 43
Ein Überweisungsempfänger muss sich nach Erteilung der Gutschrift grundsätzlich keine Mängel aus dem Deckungsverhältnis zwischen Bank und Überweisendem entgegenhalten lassen. Anders verhält es sich hingegen beim Ermächtigungs-Treuhandkonto des Verwalters bei der gleichen Bank. Wird ein schuldnerisches Guthaben hierauf übertragen, so bewirkt die irrtümliche Erfüllung der ursprünglichen Auszahlungspflicht durch Gutschrift auf einem neuen Konto einen Berichtigungsanspruch, der auch dem neuen Auszahlungsanspruch entgegengehalten werden kann (§ 821, § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dass die Ansprüche aus dem neuen Konto (nur) durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können, ändert daran nichts, denn Einreden und Einwendungen gegen den Schuldner gehen mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in der Regel nicht verloren. Das Gleiche gilt bei einer Überweisung auf ein Vollrechts-Treuhandkonto, soweit das Konto bei der Schuldnerbank geführt wird. Denn die wirtschaftliche Situation beim Schuldner kann sich nicht allein dadurch verbessern, dass der Verwalter vorübergehend die formale Inhaberschaft an Teilen seines Vermögens erlangt. Auch für den Treuhänder besteht kein schützenswertes Interesse, das Buchgeld einredefrei zu erlangen, wenn dieses ausschließlich zu Gunsten des Schuldners zu verwenden ist.
Rn 44
Eingedenk dessen ist der Verwalter regelmäßig verpflichtet, das Verwalterkonto bei einer anderen als der ursprünglichen Schuldnerbank einzurichten. Dabei sollte das ursprüngliche Schuldnerkonto als Empfangsstelle für noch an ihn eingehende Zahlungen über eine gewisse Zeit weiter betrieben werden.
4.4.2 Kapitalertragssteuer
Rn 45
Die Bank muss zu Lasten des Treuhandkontos den Steuerabzug für Kapitalerträge vornehmen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 7, §§ 43 ff. EStG). Nicht nur bei der Ermächtigungstreuhand, sondern auch bei der Vollrechtstreuhand ist der Insolvenzschuldner Steuerschuldner; bei letzterer ist er wirtschaftlicher Eigentümer des Kontoguthabens. Der Insolvenzverwalter kann daher weder einen eigenen Freistellungsauftrag erteilen noch eine Nichtveranlagungsbescheinigung erlangen (§ 44a EStG). Der Einbehalt durch die Bank kann bei Personengesellschaften dazu führen, dass Kapitalerträge der Masse und damit den Insolvenzgläubigern vorenthalten werden. Das beruht darauf, dass bei diesen Gesellschaften der Gewinnanteil steuerrechtlich den Gesellschaftern zugerechnet wird. Erlangen die Gesellschafter Steuererstattungen (durch Anrechnung der Vorauszahlung auf die Einkommenssteuer oder durch Rückzahlung), haben sie diese nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB an die Masse herauszugeben.
Rn 46
Bei Massearmut kann es durch den Vorwegabzug der Kapitalertragssteuer außerdem zu einer – gemessen an § 209 nicht gerechtfertigten – Bevorzugung des Fiskus kommen. Je nach Zeitpunkt des Eintritts der Massearmut hat entweder die Bank den Einbehalt zu unterlassen oder das Finanzamt bzw. der Steuerschuldner den Zufluss an die Masse zu erstatten. Deshalb dem Verwalter eine Anlage bei ausländischen Banken anzuraten, kann sich allerdings nicht selten wegen möglicherweise damit verbundener Risiken (Wechsel, Transfer, Einlagensicherung) verbieten. Entschließt sich der Verwalter zu einer Anlage im Ausland, bedarf es dazu aber keiner Zustimmung der Gläubigerversammlung nach § 160 Abs. 1.