Rn 34
Die Bewertung der einzeInen Massegegenstände ist grundsätzlich nach den in §§ 252 ff. HGB niedergelegten und durch die Betriebswirtschaftslehre weiter ausgestalteten Grundsätzen vorzunehmen. Dabei sind allerdings – wegen des anderen Zwecks der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung (Information und Rechenschaftslegung für alle Beteiligten sowie Sicherung der Masse zur bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger, nicht aber zur Gewinnermittlung und Ausschüttungsberechnung innerhalb eines fortlaufenden Geschäftsbetriebs) – gewichtige Ausnahmen von den handelsrechtlichen Regularien zu beachten. Die insolvenzrechtliche Bewertung muss von Gesetzes wegen grundsätzlich von den Zerschlagungswerten der einzelnen Gegenstände ausgehen; kumulativ können Fortsetzungswerte hinzukommen (§ 151 Abs. 2 Satz 2, anders § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Die Gebote der Bewertungsidentität (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB) und der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) gelten nicht. Insbesondere können nicht unbesehen die Buchwerte für die Wertermittlung der Massegegenstände zugrunde gelegt werden, denn es ist gerade die Aufgabe des Insolvenzverwalters, ganz unabhängig von der bisherigen Rechnungslegung des Schuldners ein realistisches Bild von dessen Vermögenslage zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung (v.a. unter Aufdeckung stiller Reserven und nicht bilanzierter Vermögenspositionen) zu geben. Die Buchwerte müssen nach § 155 Abs. 1 ohnehin fortlaufend weitergeführt werden, so dass ein solcher Rückgriff nutzlos bliebe.
Rn 35
Das Stichtagsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) ist insoweit gelockert, als wertaufhellende Tatsachen bis zur Niederlegung des Verzeichnisses in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts (§ 154) zu berücksichtigen, ermittelte Werte also ggf. zu berichtigen sind (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Der Insolvenzmasse zufallender Neuerwerb ist aufzunehmen (s. Rn. 13). Das Anschaffungswertprinzip (§ 253 Abs. 1 HGB), das Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 3 und 4 HGB) und genereller das Vorsichtigkeitsgebot (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) gelten insoweit nur eingeschränkt, als stille Reserven des Schuldners aufzudecken (weil zugunsten der Gläubiger zu verwerten) sind. Während im Übrigen das Gebot der Verlustvorwegnahme (Verlustantizipation) uneingeschränkt gilt, sind im Hinblick auf das Verbot der Gewinnvorwegnahme (Realisationsprinzip) Geschäftschancen realistisch zu bewerten (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HBG).
Rn 36
Ohne Einschränkungen zu beachten sind die Grundsätze der Wahrhaftigkeit (die Wertangaben des Verwalters beruhen allerdings zwangsläufig auf Prognosen und Schätzungen, müssen insoweit aber sorgfältig erstellt werden), Klarheit und Vollständigkeit (dies indes nach dem erreichbaren Kenntnisstand des Verwalters) und Nachprüfbarkeit, der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB), die Grundsätze der Wesentlichkeit und der Willkürfreiheit sowie das Gebot der homogenen Verwendung von Bewertungsmethoden.