Rn 37
§ 151 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass jeder Massegegenstand jedenfalls mit seinem Zerschlagungs- oder Liquidationswert anzugeben ist. Variiert dieser Wert danach, ob das Unternehmen des Insolvenzschuldners, zu dem der Massegegenstand gehört, stillgelegt oder fortgeführt wird, ist zusätzlich der jeweilige Fortführungswert im Verzeichnis auszuweisen (sog. Bewertung aus going concern-Sicht). Sinn und Zweck dieser Regelung ist, den Gläubigern die Entscheidung gemäß § 157 über die Stilllegung oder aber die (sinnvollere, weil ertragreichere) Weiterführung des schuldnerischen Unternehmens zu ermöglichen. Denn sie können diese Entscheidung sachgerecht nur dann treffen, wenn sie deren wirtschaftliche Auswirkungen kennen, dementsprechend hat ihnen der Insolvenzverwalter durch die Darstellung beider Werte die erforderlichen Informationen zu beschaffen. Der Insolvenzverwalter darf diese Entscheidung nicht dadurch vorwegnehmen oder beeinflussen, dass er lediglich die Einzelveräußerungswerte aller Massegegenstände in das Verzeichnis aufnimmt.
Rn 38
Der Insolvenzverwalter muss nicht immer sowohl Zerschlagungswerte als auch Fortführungswerte für die einzelnen Massegegenstände ermitteln und darstellen. Bereits der Gesetzgeber hat die doppelte Bewertung nur dort für erforderlich gehalten, wo "die Möglichkeit der Fortführung des Unternehmens besteht"; genauer, wo die Möglichkeit besteht, dass die Gläubiger durch die (dauerhafte) Fortführung des schuldnerischen Unternehmens besser als bei dessen Zerschlagung und Einzelverwertung befriedigt werden. Dieser Umstand ist unter besonderer Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Regelung zu interpretieren. Demnach kommt es nicht auf die Einschätzung des Insolvenzverwalters an, ob die Fortführung sinnvoll ist (i.S. einer "konkreten Möglichkeit"), maßgeblich ist vielmehr, ob nach der objektiven Lage das Unternehmen fortgeführt werden kann, namentlich die maßgeblichen Betriebsmittel noch vorhanden sind (i.S. einer "abstrakten Möglichkeit").
3.4.1 Zerschlagungswerte
Rn 39
Der Zerschlagungswert (Veräußerungswert, Liquidationswert, Versilberungswert, Versteigerungswert, Barwert) ist derjenige Wert eines Wirtschaftsgutes, der voraussichtlich bei einer Trennung aller Vermögensgegenstände und ihrer anschließenden Einzelverwertung durch Verkauf erzielt werden kann. Hierfür ist nicht der Buchwert maßgebend, denn mittels der internen Rechnungslegung soll gerade der reale Wert der Masse aufgezeigt, sollen insbesondere auch stille Reserven offengelegt werden, sondern der reale Wert des jeweiligen Gegenstandes maßgeblich (oben Rn. 29). Dieser Wert wird sowohl von den gegenstandsbezogenen Faktoren (Art, Anschaffungspreis, Nutzungsdauer, Zustand, verwertbare Menge usw.) als auch der (konkreten wie generellen) Marktsituation abhängig, aber insbesondere auch von dem Umstand, dass der Gegenstand in einer Zwangssituation durch den Insolvenzverwalter möglichst schnell verwertet werden muss; letztlich auch von der Verwertungsstrategie des Verwalters und seiner Erfahrung. Der Zerschlagungswert bildet den Mindestwert eines jeden Massegegenstandes. Je nach den Gegebenheiten können gleichartige (z.B. Schüttware) oder aufeinander bezogene Gegenstände (etwa Computer und Peripheriegeräte) auch zusammengefasst werden (oben Rn. 16).
3.4.2 Fortführungswerte
Rn 40
Als Fortführungswert wird dagegen der Wert bezeichnet, der sich für das betreffende Wirtschaftsgut im Falle eines nicht zerschlagenen, sondern gerade weiterbetriebenen Unternehmens oder eines Unternehmensteils des Insolvenzschuldners errechnet. Auch dieser Wert kann nicht mit dem Buchwert des jeweiligen Gegenstandes (ermittelt nach den Regelungen des HGB) in eins gesetzt werden. Die (Absicht zur) Unternehmensfortführung erhöht regelmäßig den (Unternehmenszerschlagungs-)Wert und ist dementsprechend bei der Bewertung zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Einzelfortführungswerte greift man deshalb entweder auf die ursprünglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zurück, die bei der Abnutzung unterliegenden Gegenständen um zeitanteilig bemessene (reale) Wertminderungen zu bereinigen sind (Teilwertkonzept entsprechend § 6 Abs. 1 EStG). Oder aber man stellt auf den Wiederbeschaffungswert (Reproduktionswert) des betreffenden Gegenstandes ab, der üblicherweise recht genau seinen künftigen Ertragswert abbildet (Substanzwertkonzept).
Rn 41
Beide Verfahren sind allerdings grundsätzlichen Einwänden ausgesetzt. Bei isolierter Betrachtung der einzelnen materiellen Gegenstände wirkt sich die (beab...