4.4.1 Allgemeines
Rn 38
Die eidesstattliche Versicherung nach Abs. 2 Satz 1 stellt eine Spezialregelung gegenüber der allgemeineren Bestimmung des § 98 Abs. 1 dar. Da Gesamtvollstreckung und Einzelvollstreckung zu unterscheiden sind und eine Einzelzwangsvollstreckung während des Insolvenzverfahrens ohnehin grundsätzlich ausgeschlossen ist (§§ 89 f.), was zutreffender Rechtsprechung nach gerade auch für die eidesstattliche Versicherung in der Einzelzwangsvollstreckung zu beachten ist, gilt dieses Spezialitätsverhältnis grundsätzlich nicht gegenüber den entsprechenden (und zum Teil in den Voraussetzungen und den Verfahrensbestimmungen anderslautenden) Regelungen zur Einzelzwangsvollstreckung (§§ 802c Abs. 3 Satz 1, 836 Abs. 3 Satz 2, 883 Abs. 2 Satz 1 ZPO); die Bestimmungen der ZPO zur Haft sind aufgrund der Verweisung gemäß §§ 153 Abs. 2 Satz 2, 98 Abs. 3 Satz 1 indes anwendbar. Jedenfalls in Bezug auf die Vermögensübersicht steht eine zeitlich unmittelbar vorausgegangene Versicherung nach § 802c ZPO nicht einer Verpflichtung zur (nochmaligen) Versicherung nach § 153 Abs. 2 Satz 1 entgegen; denn die Vermögensübersicht bezieht sich nicht nur auf das Aktivvermögen des Schuldners, sondern namentlich auch auf seine Verbindlichkeiten, d.h. auch auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Gläubigerverzeichnisses.
Rn 39
Die Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung besteht während des ganzen Verfahrens ohne zeitliche Grenze, kann also auch erst später verlangt werden, wenn sich Anhaltspunkte für die Unvollständigkeit ergeben, mehrfache Abgabe ist allerdings nicht notwendig. Verletzt der Schuldner in vorwerfbarer Weise (also unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, d.h. schuldhaft, entgegen bestem Wissen und Gewissen durch unrichtige oder unvollständige Angaben) die Pflicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, ist ihm Restschuldbefreiung zu versagen (§§ 290 Abs. 1 Nrn. 2, 4 bis 6, 305 Abs. 1 Nr. 3). Die eidesstattliche Versicherung nach Abs. 2 soll nicht in das Schuldnerverzeichnis eingetragen werden dürfen.
4.4.2 Abgabe und Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung
Rn 40
Entsprechend der Formulierungen in § 153 Abs. 2 Satz 1 ("… kann das Insolvenzgericht dem Schuldner aufgeben, … eidesstattlich zu versichern") und in § 98 ("…ordnet das Insolvenzgericht an, dass der Schuldner zu Protokoll an Eides Statt versichert …") ist – im Gegensatz zur bisherigen Regelung in § 125 KO – nunmehr das Insolvenzgericht zur Anordnung und Entgegennahme der eidesstattlichen Versicherung zuständig. Es bedarf nicht mehr der ergänzenden Einschaltung des (allgemeinen) Vollstreckungsgerichts, was das Verfahren vereinfacht und beschleunigt. Es entscheidet und handelt grundsätzlich der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 2e, arg. e §§ 4 Abs. 2 Nr. 1, 18 RPflG); eine Ausnahme besteht namentlich hinsichtlich der (zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung möglichen) Androhung und Verhängung von Haft. Auch die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung erfolgt durch den Rechtspfleger, nicht (wie nach §§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 802c Abs. 3 Satz 1 ZPO) durch den Gerichtsvollzieher. Im Eröffnungsverfahren ist § 18 Abs. 1 RPflG zu beachten.
Rn 41
Die Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist nur dem Schuldner zuzustellen, nicht aber auch den anderen am Insolvenzverfahren Beteiligten zur Kenntnis zu bringen; der Termin ist nicht öffentlich. Die Entscheidungen im Rahmen des § 153 Abs. 2 ergehen in der Regel durch Beschluss. Das Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung richtet sich aufgrund der Verweisungen in Abs. 2 Satz 2, § 98 Abs. 1 Satz 2 grundsätzlich nach den Bestimmungen der §§ 478 ff. ZPO. Zur Belehrung des Schuldners vgl. BGH NZI 2011, 61 (62) [BGH 21.10.2010 - IX ZB 24/10]. Der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung bestimmt sich nach dem Erkenntnisstand des Schuldners, in der Regel: "Ich versichere an Eides statt, dass ich alle in das Verzeichnis der Massegegenstände und das Gläubigerverzeichnis aufgenommenen tatsächlichen Umstände nach bestem Wissen und Gewissen zutreffend angegeben habe und beide Verzeichnisse vollständig sind"; oder auch: "Ich versichere an Eides statt, dass ich nach bestem Wissen und Gewissen nicht in der Lage bin, Unzulänglichkeiten der mir vorgelegten Verzeichnisse zu erkennen, namentlich über die in den Verzeichnissen enthaltenen Massegegenstände und Verbindlichkeiten noch weitere Positionen anzugeben oder Berichtigungen vorzunehmen."
Rn 42
Eine Wiederholung der eidesstattlichen Versicherung sollte jedenfalls bei ein...