2.4.1 (Fort-)Führung von Handelsbüchern
Rn 29
Hinsichtlich der zu führenden Handelsbücher ergeben sich aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Besonderheiten. Die (regelmäßig doppelte) Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Dementsprechend müssen sich alle Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Der Verwalter hat deshalb alle von ihm besorgten Geschäftsanfälle anhand von Belegen zeitnah, fortlaufend, geordnet, lückenlos, wahr und verständlich aufzuzeichnen, d. h. dauerhaft (in Schriftform oder elektronisch) zu verkörpern (§§ 238 f. HGB). Das erfolgt zumindest mithilfe des Grundbuchs (Journals); mit dem Hauptbuch (Kassenbuch) werden die Geschäftsvorfälle zudem kontenmäßig erfasst. Erfolgskonten (Aufwands- und Ertragskonten) dokumentieren insoweit die Aufwendungen und Erträge aus den einzelnen Geschäftsvorfällen, (aktive und passive) Bestandskonten hingegen geben Auskunft über das jeweilige Saldo jeder Bilanzposition (Kassenkonto, Warenbestand usw.). Hinzu kommen regelmäßig zahlreiche Nebenbücher zur Erfassung spezieller buchhalterischer Tatbestände (Löhne und Gehälter usw.). Die Belege der Buchhaltung (Ein- und Ausgangsrechnungen, Kontoauszüge, Kassenbelege usw.) sind geordnet aufzubewahren.
2.4.2 Inventur, Bestandsverzeichnis
Rn 30
Der Insolvenzverwalter hat anstelle des Schuldners zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und sodann zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Inventur vorzunehmen, mit der er alle dem kaufmännischen Unternehmen des Schuldners zugehörigen Gegenstände – was eher wirtschaftlich als rechtlich zu verstehen ist – zu erfassen und zu bewerten hat (§ 240 HGB). Das entspricht ausschnittsweise dem Masseverzeichnis nach § 151 und dem Gläubigerverzeichnis nach § 152, die der Verwalter dementsprechend nicht doppelt aufstellen muss. Da das erstmalig mit Insolvenzeröffnung aufzustellende Masseverzeichnis ebenso wie das Gläubigerverzeichnis im Laufe des Insolvenzverfahrens entgegen herkömmlicher Auffassung fortlaufend zu aktualisieren ist, vermag der Insolvenzverwalter hieraus auch die Inventare zum Abschluss eines jeden Geschäftsjahres zu entwickeln. Je nach den Gegebenheiten können – wie auch sonst – gleichartige (z. B. Schüttware) oder aufeinander bezogene Gegenstände (etwa Computer und Peripheriegeräte) zusammengefasst werden. Aufgrund des spezifischen Verfahrenszwecks sind reine Stichprobeninventuren aber grundsätzlich nicht zulässig.
Rn 31
Da ohnehin das gesamte insolvenzbeschlagene Vermögen des Schuldners zu erfassen ist (§§ 151, 152 InsO, ggfl. auch § 141 AO), kommt es nicht darauf an, dass kleinunternehmerisch tätige Einzelkaufleute nach § 241 a HGB von der Inventarerstellung befreit sind. Aufgenommen werden müssen alle Gegenstände unabhängig vom jeweiligen Vermögenswert und der Veräußerbarkeit. Zu beachten sind die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur, namentlich die Einzelerfassung der Bestände, die Vollständigkeit der Bestandsaufnahme, die Wahrhaftigkeit, Richtigkeit und Willkürfreiheit der Bestandsaufnahme sowie die Klarheit, Nachprüfbarkeit und Dokumentation der Bestandsaufnahme.
Rn 32
Im Masseverzeichnis zu erfassen sind alle (körperlichen) Vermögenswerte (Grundstücke und Gebäude, Kraftfahrzeuge, Maschinen, Büro- und Geschäftsausstattung usw.) sowie alle unkörperlichen Vermögenspositionen, namentlich Bank- und Kassenbestände, Forderungen des Insolvenzschuldners (aus Warenlieferungen, auf ausstehende Einlagen von Gesellschaftern usw.), ebenso grundstücksgleiche Rechte und sonstige absolute Rechte (auch selbstgeschaffene Patente, Markenrechte usw.). Der Geschäfts- oder Firmenwert wird jedenfalls wie ein Vermögensgegenstand behandelt. Aufzuzeichnen sind zudem Ansprüche, die sich aus einer Insolvenzanfechtung ergeben; Entsprechendes gilt für andere insolvenzspezifische Forderungen, vor allem Ansprüche auf Schadensersatz wegen verspäteter Insolvenzantragstellung (§ 15 a InsO i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB mit der Differenzierung zwischen Alt- und Neugläubigern) oder wegen verbotener Zahlungen nach Insolvenzreife der Gesellschaft (§ 64 Satz 1 GmbHG). Mit Absonderungsrechten belastete Gegenstände sind aufzunehmen; grundsätzlich auch der Aussonderung unterliegende Gegenstände, wenngleich diese besonders zu kennzeichnen sind. Zum Neuerwerb vgl. eingehend zu § 151.
Rn 33
In das Gläubigerverzeichnis aufzunehmen sind alle gegen den Insolvenzschuldner gerichteten (geldwerten) Forderungen. Ob diese zur Tabelle angemeldet worden sind, (ganz oder teilweise) bestritten werden, durchsetzbar sind oder aber dem Grund und der Höhe nach bereits feststehen, ist unerheblich. Ausgenommen bleiben höchstpersönliche Verpflichtungen, unvertretbare Pflichten und Verpflichtungen zu Unterlassungen, weil diese nach § 888 ZPO bzw. 890 ZPO nur gegen den Schuldner vollstreckbar sind und deswegen im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht g...