Rn 9
In einer juristischen Person trifft die Antragspflicht nach § 15a Abs. 1 Satz 1 die "Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler". Erfasst sind mithin GmbH-Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder einer AG, SE oder Genossenschaft, der persönlich haftende Gesellschafter der KGaA bzw. die Liquidatoren einer Abwicklungsgesellschaft. Das korrespondierende Antragsrecht ist in § 15 Abs. 1 normiert, da – richtiger Absicht nach – Adressat der Antragspflicht nur sein kann, wem auch Antragsrecht zukommt. Antragsbefugt ist (bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung) jeder Geschäftsleiter selbständig und unabhängig davon, wie die Vertretungsbefugnis innerhalb des Kollegialorgans geregelt ist. Korrespondierend hierzu bestimmt § 15a Abs. 1 Satz 1, dass jedes Mitglied des Vertretungsorgans und – bei einer Gesellschaft in Liquidation – jeder Abwickler verpflichtet ist, den Eröffnungsantrag zu stellen.
3.1.1 Mehrheit von Geschäftsleitern
Rn 10
Die Pflicht nach § 15 a Abs. 1 Satz 1 besteht für jeden einzelnen Geschäftsleiter unabhängig von einer Ressortaufteilung zwischen ihnen. Es besteht insoweit eine Gesamtverantwortung der Geschäftsführer. Auch besteht die individuelle Antragspflicht unabhängig von der internen Regelung der Vertretungsbefugnis (vgl. oben Rn. 9).
3.1.2 Ausgeschiedener Geschäftsleiter
Rn 11
Ein aus dem Amt geschiedener Geschäftsleiter kann den Eröffnungsantrag nicht mehr stellen und ist daher auch nicht antragsverpflichtet. Das gilt auch dann, wenn die Amtsniederlegung zur Unzeit erfolgt ist; denn diese macht die Amtsniederlegung nicht nichtig. Eine bereits eingetretene Verletzung der Antragspflicht kann allerdings durch eine Amtsniederlegung nicht rückwirkend beseitigt werden. Die Pflichtverletzung bleibt mithin bestehen, mit der Folge, dass der Geschäftsleiter auch für den Verschleppungsschaden (siehe hierzu unten Rn. 62 ff.) verantwortlich bleibt. Ausreichend hierfür ist nämlich, dass er eine Mitursache für den Schaden setzt. Die weiteren Folgen des Unterbleibens des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Ausscheiden aus dem Amt muss er sich daher zurechnen lassen. Ob sich allerdings nach Ausscheiden die Antragspflicht in eine Pflicht umwandelt, auf eine Antragstellung der (verbliebenen) Verantwortlichen hinzuwirken, erscheint eher fraglich; denn rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten stehen dem Ausgeschiedenen überhaupt nicht zur Verfügung. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsleiter vor Pflichtverletzung, aber noch während des Laufs der Antragsfrist (siehe unten Rn. 22) aus dem Amt ausscheidet.
3.1.3 "Faktische" Geschäftsleiter
Rn 12
H. M. zufolge ist auch der "faktische" Geschäftsleiter Adressat der Insolvenzantragspflicht. Hinter dieser Rechtsfigur verbergen sich letztlich zwei Fallgestaltungen:
3.1.3.1 Der fehlerhaft bestellte Geschäftsleiter
Rn 13
Sofern der Geschäftsleiter zum Organ bestellt worden, der Bestellungsakt aber (unerkannt) unwirksam erfolgt ist, ist der Geschäftsleiter dennoch Adressat der Insolvenzantragspflicht. Das gilt auch, wenn er, nachdem er die Unwirksamkeit des Bestellungsaktes erkannt hat, die Organstellung weiterhin ausübt.
3.1.3.2 Der "faktische" Geschäftsleiter i. e. S.
Rn 14
Unter einem "faktischen" Geschäftsleiter i. e. S. versteht die h. M. jemanden (meist einen Gesellschafter), der – ohne zum Geschäftsleiter bestellt worden zu sein – mit Einverständnis der Gesellschafter "wie" ein Mitglied des Vertretungsorgans auftritt. H. M. nach kann ein "faktischer" Geschäftsleiter i. e. S. nur eine natürliche Person sein. Wann jemand "wie" ein Mitglied des Vertretungsorgans tätig wird, ist nicht immer einfach zu beantworten. Die h...