Rn 61
Die freihändige Veräußerung ist gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 zustimmungsbedürftig. Auch die Freigabe eines Grundstücks kann gemäß § 160 Abs. 1 zustimmungsbedürftig sein. Dies bedeutet, dass der Verwalter jeweils die Zustimmung des Gläubigerausschusses einholen muss. Wurde ein solcher nicht bestellt, so ist die Zustimmung der Gläubigerversammlung erforderlich. In der Praxis wird den Einladungen zur Gläubigerversammlung jedoch häufig nicht gefolgt. Es stellt insbesondere in Kleininsolvenzverfahren durchaus keine Seltenheit dar, dass nicht ein einziger Gläubiger bei der Gläubigerversammlung anwesend ist. In diesen Fällen ist die Gläubigerversammlung jedoch gemäß § 76 nicht beschlussfähig, eine Zustimmung kann daher im Grundsatz nicht erfolgen. Deshalb besteht stets die Gefahr, dass an sich bestehende Sanierungsmöglichkeiten aufgrund der fehlenden Beschlussfähigkeit scheitern. Unter Umständen muss die Gläubigerversammlung nochmals einberufen werden, was zu erhöhten Kosten führt.
Rn 62
Es ist bislang mit Blick auf § 76 InsO umstritten, wie im Fall der fehlenden Beschlussfähigkeit zu verfahren ist. Vereinzelt wird angenommen, die Entscheidungen der Gläubiger könnten durch einen Beschluss des Insolvenzgerichts ersetzt werden. Die Rechtsprechung und die herrschende Lehre gehen jedoch überwiegend davon aus, dass eine wie auch immer ausgestaltete Ersetzung der Zustimmung nicht in Betracht kommt.
Das Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens verschafft für den hier im Mittelpunkt stehenden Fall der Zustimmung nach § 160 InsO durch die Fiktion der Zustimmung der Gläubigerversammlung Abhilfe: Nach dem neu eingefügten Satz 3 des § 160 Abs. 1 InsO gilt die Zustimmung der Gläubigerversammlung als erteilt, obwohl sie nach § 76 InsO beschlussunfähig ist. Voraussetzung der Fiktion der Zustimmung ist jedoch, dass auf diese Rechtsfolge der Beschlussunfähigkeit der Gläubigerversammlung bei der Einladung hingewiesen wurde. Die Neuregelung ist zu begrüßen, da die Fiktion dem Insolvenzverwalter ermöglicht, Sanierungschancen zügig zu nutzen. Dabei schafft sie für den Insolvenzverwalter Rechtssicherheit insoweit, als ihm weder im Innen- noch im Außenverhältnis eine Haftung droht. Dies war vor der Neuregelung nach Satz 3 des § 160 Abs. 1 InsO nicht der Fall. In der Praxis hat der Verwalter in Zweifelsfällen zwar häufig gleichwohl die Verwertung vorgenommen. Der seinerzeitige Verstoß des Insolvenzverwalters gegen § 160 aufgrund der Inaktivität der Gläubigerversammlung wirkt sich gem. § 164 im Innenverhältnis aus. Im Außenverhältnis ist die Handlung nur bei evidenten Mängeln unwirksam. Dafür ist neben einem evidenten Pflichtverstoß mit massenachteiliger Auswirkung jedoch erforderlich, dass sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalles ohne Weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten. Zum Teil wurde in der Veräußerung ohne die nach § 160 erforderliche Zustimmung auch eine pflichtwidrige Handlung des Verwalters nach § 60 Abs. 1 und damit eine mögliche Schadensersatzpflicht angenommen. Diese Haftungsgefahren sind nunmehr gebannt und die Frage nach der Haftung stellt sich nur dann, wenn es der Insolvenzverwalter versäumt, den nach Satz 3 des § 160 Abs. 1 InsO erforderlichen Rechtsfolgenhinweis in der Einladung zur Gläubigerversammlung zu erteilen, also die Voraussetzung der Fiktion der Zustimmung nicht vorliegt.