2.2 Ausschluss der Verwertungsrechte der Gläubiger
Rn 5
Anders als bei § 165 InsO ist der absonderungsberechtigte Gläubiger insoweit nicht zur Verwertung "seines" Sicherungsgegenstandes berechtigt, wie das durch § 166 dem Verwalter zugewiesene Verwertungsrecht reicht. Dies ergibt sich bereits im Umkehrschluss aus § 173 Abs. 1. In der Praxis sind insbesondere im Wege der Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung sowie des verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts gesicherte Gläubiger von der Einschränkung eigener Verwertungsmöglichkeiten betroffen. Eine Zwangsvollstreckung zu Gunsten des Sicherungsnehmers in den belasteten Gegenstand ist unzulässig und einzustellen, soweit sie bereits begonnen hat.
Rn 6
Lässt sich ein Gläubiger vertraglich bereits vor der Stellung des Insolvenzantrags ein Verwertungsrecht vom Schuldner einräumen, stellt dies einen Leitbildverstoß gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, so dass eine derartige Absprache allenfalls individualvertraglich, nicht jedoch formularmäßig zulässig wäre. Auch im Falle der individualvertraglichen Regelung ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine solche rein schuldrechtliche Absprache in der Insolvenz den Insolvenzverwalter nicht bindet (vgl. § 47 Rn. 3). Dispositiv ist das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nur im Rahmen der §§ 165 ff., die für sich wiederum nicht dispositiv sind. So hat der BGH ausdrücklich festgestellt, dass das Einziehungsrecht des Insolvenzverwalters bei sicherungshalber abgetretenen Forderungen durch Vereinbarung von Sicherungsgläubiger und Drittschuldner nicht ausgeschaltet werden kann und auch die Berücksichtigung aufrechenbarer Gegenforderungen umfasst. Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters durch abweichende vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Schuldner und den Gläubigern nicht beeinträchtigt werden kann.
2.3 Die Verwertung beweglicher Sachen (§ 166 Abs. 1)
Rn 7
Von § 166 Abs. 1 InsO werden unmittelbar nur bewegliche, körperliche Gegenstände i.S.v. § 90 BGB erfasst. Das ist auch insoweit zwingend, als das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters gem. § 166 Abs. 1 rechtstechnisch an den Besitz geknüpft wird und als taugliches Besitzobjekt grundsätzlich nur eine Sache im Sinne des § 90 BGB in Betracht kommt. § 166 Abs. 1 räumt dem Verwalter das Verwertungsrecht an beweglichen Sachen i.S.d. § 90 BGB und Tieren ein. Eine Sache gilt dann als beweglich, wenn sie der Mobiliarpfändung unterliegt. Grundstücke und gleichgestellte Sachen (z.B. dingliche Rechte an Grundstücken) sowie die Bestandteile eines Grundstücks (§§ 94, 96 BGB) unterfallen nicht dem § 166 (siehe hierzu § 165 Rn. 3); zur Veräußerung von Zubehör durch den Insolvenzverwalter vor Beschlagnahme siehe Rn. 70 f.
Rn 8
Die Antwort auf die (Vor-)Frage, ob ein Gegenstand wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist oder allenfalls Scheinbestandteil (§ 95 BGB), ist für die Finanzierungspraxis von erheblicher Bedeutung, z.B. wird diese Diskussion intensiv mit Blick auf Windkraftanlagen geführt, deren Betreiber nicht auch zugleich Eigentümer des Grundstücks ist. Ebenfalls nicht vom Verwertungsrecht des Verwalters umfasst sind naturgemäß solche Gegenstände, die aufgrund ihrer Unpfändbarkeit dem Insolvenzbeschlag nicht unterliegen.
Rn 9
Im Fall der "Doppelsicherung", in dem ein beweglicher Gegenstand als Zubehör des Grundstücks in den Haftungsverband einer Grundschuld fällt und zugleich zur Sicherheit übereignet ist, kann der Insolvenzverwalter entweder die Zubehöreigenschaft annehmen und nach § 165 vorgehen oder sie ablehnen und nach §§ 166 ff. verwerten. Der Sicherungsnehmer wird in dem zuletzt genannten Fall zu erklären haben, weswegen er von der Zubehöreigenschaft des Sicherungsgegenstandes ausgegangen ist, aber gleichwohl noch eine Sicherungsübereignung für erforderlich erachtet hat, wenn er auf einer Verwertung des Sicherungsgegenstandes nach Maßgabe des § 165 besteht. Das läuft in Zweifelsfällen de facto auf ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters hinaus.