Rn 38
Bei Forderungen steht dem Insolvenzwerwalter ein umfassendes Verwertungsrecht zu. Das Einziehungs- und Verwertungsrecht an den zur Sicherung eines Anspruchs abgetretenen Forderungen besteht unabhängig davon, ob und wann die Sicherungszession gegenüber dem Drittschuldner offen gelegt worden ist.
Rn 39
In der Regel wird die Verwertung durch Einziehung erfolgen. Zieht der Verwalter sicherungszedierte Forderungen ein, wird er – im Gegensatz zum Sicherungszessionar – in aller Regel über Unterlagen des Schuldners verfügen, die ihm die Einziehung der Forderung erleichtern. Anstelle der Einziehung kann der Insolvenzverwalter die Forderung aber auch verkaufen, beispielsweise an einen Factor. Zur Möglichkeit, dem absonderungsberechtigten Gläubiger die Forderung zur Verwertung nach § 170 Abs. 2 zu überlassen siehe Komm. zu § 170 Rn. 10 ff.
Ist unklar, wer zur Verwertung berechtigt ist, weil etwa unklar ist, ob die einzuziehende Forderung zur Sicherheit abgetreten oder aber verpfändet ist (zum Verwertungsrecht bei verpfändeten Forderungen siehe Rn. 33) oder ob der Insolvenzverwalter auf sein Verwertungsrecht zuvor verzichtet hat, oder wenn aus anderen Gründen nicht sicher entschieden werden kann, ob das Verwertungsrecht an der Forderung dem Zessionar oder dem Verwalter zusteht, dann kann der Insolvenzverwalter einstweilen als gewillkürter Prozessstandschafter zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers ermächtigt werden. Das rechtliche Interesse eines Insolvenzverwalters an der Durchsetzung einer sicherungshalber abgetretenen Forderung folgt dabei bereits daraus, dass die Sicherungsabtretung die abgetretene Forderung nicht ihrem Bestand nach der Masse entzieht.
Rn 40
Vom alleinigen Einziehungs- und Verwertungsrecht des Verwalters nach § 166 Abs. 2 unabhängig ist die Frage, ob der Drittschuldner nach Übergang des Einziehungs- und Verwertungsrechts auf den Verwalter noch mit befreiender Wirkung an den Sicherungszessionar leisten kann. Der BGH hat die Frage verneint, wenn dem Drittschuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen seines ursprünglichen Gläubigers bekannt ist und er weiß, dass die Abtretung lediglich zu Sicherungszwecken erfolgt ist. Damit kommt § 166 Abs. 2 nicht nur eine Ermächtigungswirkung, sondern auch eine Sperrwirkung zu. Denn der Drittschuldner kann nach Verfahrenseröffnung allenfalls nach Maßgabe der §§ 408, 407 Abs. 1 BGB, § 82 Abs. 1 Satz 1 noch durch Leistung an den Sicherungszessionar von seiner Schuld befreit werden. Nicht einmal durch Konfusion infolge der Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung kann Befriedigung erlangt werden.