3.1 Sicherungsrechte von Teilnehmern an Abrechnungssystemen (Nr. 1) und Sicherheiten zugunsten der Zentralbanken (Nr. 2)
Rn 44
Von der Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters sind gemäß § 166 Abs. 3 Nr. 1 die Gegenstände ausgeschlossen, an denen Sicherungsrechte von Teilnehmern von Abrechnungssystemen i.S.d. § 1 Abs. 16 KWG bestehen (europarechtlicher Hintergrund der Regel ist Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 98/26/EG vom 19.5.1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und Abrechnungssystemen, Abl. EG Nr. L 166/45). Flankiert wird diese Regelung durch § 96 Abs. 2.
Von der Verwertung ausgeschlossen sind gemäß § 166 Abs. 3 Nr. 2 auch solche Gegenstände, die mit Sicherheiten zugunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums belastet sind. Die Vorschriften dienen ebenfalls der Umsetzung der Richtlinie 98/26/EG vom 19.5.1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und Abrechnungssystemen. Die Richtlinie sieht vor, dass bestimmte Gläubiger, denen Forderungen als Sicherheit für Netting-Transaktionen abgetreten wurden, die Forderungen selbst verwerten dürfen. Das Netting umfasst neben der Aufrechnung und Skontration jede Art der wechselseitigen Forderungssaldierung.
Rn 45
Zum personalen Anwendungsbereich der Vorschrift gehören auf der Seite der Gläubiger neben den Mitgliedern der Systeme auch die Europäische Zentralbank sowie die Zentralbanken der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums. Spiegelbildlich muss der Insolvenzschuldner gleichermaßen ein Systemteilnehmer sein, der eine Forderung zu Gunsten des Systems sicherungszediert hat (Gegenstand einer derartigen Sicherungszession kann beispielsweise eine Buchforderung sein, die aus einer Bareinlage bei der Zentralbank eines Mitgliedstaates oder bei der Europäischen Zentralbank resultiert). In der Insolvenz eines sicherungsgebenden Bankkunden greift der Verwertungsausschluss zu Gunsten seines am System beteiligten Kreditinstituts folglich nicht ein. Die Ausnahme gewinnt daher aber auch nur im Interbankenverkehr an Bedeutung.
Während bei den Zentralbanken schon allein die bloße Inhaberschaft der Forderung genügt, muss bei den einfachen Teilnehmern eines Systems (Nr. 1) die in Rede stehende Forderung in sachlicher Hinsicht ergänzend gerade zur Sicherung von Ansprüchen aus dem Abrechnungssystem abgetreten worden sein.
3.2 Finanzsicherheiten gemäß § 1 Abs. 17 KWG (Nr. 3)
Rn 46
§ 166 Abs. 3 Nr. 3, wonach Finanzsicherheiten i.S.d. § 1 Abs. 17 KWG von der Verwertungsbefugnis durch den Insolvenzverwalter ausgeschlossen sind, dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 6.6.2000 über Finanzsicherheiten.
Finanzsicherheiten i.S.d. § 17 KWG sind die durch Vereinbarungen im Interbankenverkehr besicherten Barguthaben, Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und sonstigen Schuldscheindarlehen sowie die damit in Zusammenhang stehenden Rechte oder Ansprüche.
Handelt es sich bei dem Sicherungsgeber nicht um eine Bank, sondern um eine juristische Person, einen Einzelkaufmann oder um eine Personengesellschaft, so erfasst der Begriff der Finanzsicherheit gemäß § 1 Abs. 17 Satz 2 KWG nur die Sicherung von Verbindlichkeiten, die aus Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten, aus Pensions-, Darlehens- und vergleichbaren Geschäften auf Finanzinstrumente oder Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten herrühren. Finanzinstrumente sind gemäß § 1 Abs. 11 KWG insbesondere Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Devisen und Rechnungseinheiten über Derivate. Gemäß § 1 Abs. 17 Satz 3 KWG fallen auch Termingeschäfte unter den Begriff der Finanzinstrumente.
Rn 47
Mit der Richtlinie vom 6. 6. 2000 soll eine gemeinschaftsweite Regelung für die Bereitstellung von Wertpapieren und Barguthaben als Sicherheit in Form eines beschränkten Sicherungsrechts oder der Vollrechtsübertragung geschaffen werden. Um die effektive Verwertung der Finanzsicherheiten zu gewährleisten, sollen entgegenstehende Vorschriften der nationalen Insolvenzrechte nicht zur Anwendung gelangen (vgl. Art. 4 IV RL 2002/47/EG).
Rn 48
Entgegen aller Kritik wird die Einführung des § 166 Abs. 3 Nr. 3 die Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters jedenfalls nicht maßgeblich beeinflussen. § 1 Abs. 11 und 17 KWG stellen unmissverständlich klar, dass "normale" Kreditgeschäfte der Banken mit Unternehmen von der Richtlinie nicht erfasst sind. Das Verwertungsrecht an den klassischen Kreditsicherheiten verbleibt somit in der Hand des Insolvenzverwalters.
Auch die an der Richtlinie geübte Kritik, das Verwertungsrecht an zur Sicherheit...