2.3.1 Anfall von Umsatzsteuer
Rn 13
Die Verwertung des mit dem Absonderungsrecht behafteten Gegenstands führt regelmäßig – von Ausnahmen wie §§ 4 Nr. 1a) i.V.m. 6 UStG (Verkauf in das Ausland) oder §§ 4 Nr. 1b) i.V.m. 6a UStG (Lieferungen innerhalb der EU) abgesehen – zu einer Umsatzsteuerschuld der Insolvenzmasse:
- Verwertet der Insolvenzverwalter, liegt umsatzsteuerrechtlich ein Umsatz direkt mit dem Abnehmer vor, Umsatzsteuer entsteht einmal.
- Gibt der Insolvenzverwalter Sicherungsgut frei, liefert er umsatzsteuerrechtlich an den Sicherungsgläubiger, und es liegt ein steuerbarer Umsatz vor, bei späterer (Weiter-)Veräußerung durch den Sicherungsgläubiger liegt ein zweiter steuerbarer Umsatz vor; Umsatzsteuer fällt im Ergebnis zweimal an (Theorie des sog. Doppelumsatzes).
2.3.2 Regelung vor Inkrafttreten der InsO
Rn 14
Obwohl es sich bei den aus Verwertungshandlungen entstehenden Umsatzsteuerverpflichtungen (und damit bei deren Erstattungspflicht zugunsten der Masse) um Vorgänge von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung handelt, fehlte es bisher an einer gesetzlichen Regelung. Diese Kosten waren wirtschaftlich von der insoweit im Verhältnis zum Fiskus steuerpflichtigen Masse zu tragen. Die aus Verwertungshandlungen resultierenden Umsatzsteuerverpflichtungen der Masse waren nach der Rechtsprechung auch nicht als Konkursforderungen anzusehen, da sie erst mit der Verwertungshandlung und damit nach der Eröffnung des Verfahrens entstehen; sie wurden als Massekosten nach § 58 Nr. 2 KO eingestuft und damit entsprechend § 60 KO vorrangig befriedigt.
Rn 15
Diese Kosten konnten auch nicht auf den absonderungsberechtigten Gläubiger abgewälzt werden. Vielmehr hatte der Sicherungsgläubiger unabhängig davon, ob der Verwalter den Gegenstand verwertete oder der Gegenstand an den Sicherungsgläubiger freigegeben wurde, Anspruch auf den vollen Bruttoerlös. Auf diese Weise konnte es zu einer erheblichen Belastung der Masse kommen, was wiederum eine Benachteiligung der Gesamtgläubigerschaft zur Folge hatte.
2.3.3 Ersatzpflicht des Gläubigers für die Umsatzsteuern
Rn 16
Aufgrund der ausdrücklichen Neuregelung der InsO muss der Gläubiger diese Steuer nunmehr – sowohl bei Verwertung durch den Insolvenzverwalter (§ 170 Abs. 1 i.V.m. § 171 Abs. 2 Satz 3) als auch bei Eigenverwertung (§ 170 Abs. 2) – selbst tragen. Dadurch wird das unbillige Ergebnis der alten Rechtsordnung vermieden. Der Insolvenzverwalter kann die aus der Verwertung entstandene Umsatzsteuer in Abzug bringen und braucht nur den Nettoerlös auszukehren. Die Umsatzsteuer ist als Teil der Verwertungskosten qualifiziert worden, so dass sie nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich zusätzlich zu der Pauschale für Feststellungskosten und der Pauschale oder den tatsächlichen sonstigen Kosten für die Verwertung abzuziehen ist. Damit passt sich die InsO an die außerhalb der Insolvenz geltende Regel des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStDV an, nach der die Sicherungsgläubiger die bei der Verwertung von sicherungsübereigneten Sachen anfallende Mehrwertsteuer zu tragen haben.
2.3.4 Tätigkeit eines vorläufigen Verwalters
Rn 17
Unter der Geltung der KO wurden auch die im Rahmen einer angeordneten Sequestration aus Verwertungshandlungen entstandenen Umsatzsteuerverpflichtungen des späteren Gemeinschuldners als Konkursforderungen angesehen, weil hier die Steuerforderung durch eine Handlung begründet wird, die vor der Eröffnung des Verfahrens vorgenommen wurde. Für den dadurch entstehenden Ausfall haftete der Sequester dem Finanzamt auch nicht persönlich.
Rn 18
Wenn nunmehr die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als sonstige Masseverbindlichkeiten gelten und dieses auch für die durch Rechtsgeschäfte entstehenden gesetzlichen Verpflichtungen und damit auch für die Umsatzsteuer gilt (vgl. § 55 Rn. 46), so muss nach neuem Recht bereits der vorläufige Verwalter als berechtigt angesehen werden, im Falle von – nur ausnahmsweise zulässigen (vgl. § 166 Rn. 21 f.) – Verwertungen von Gegenständen mit Absonderungsrechten entstehende Verwertungskosten (einschließlich der insoweit entstehenden Umsatzsteuerverpflichtung) von dem Absonderungsgläubiger zu erheben.
2.3.5 Freigabe
Rn 19
Soweit der Verwalter den Anfall von Umsatzsteuer zu Lasten der Masse nach altem Recht dadurch umgehen konnte, dass er den Gegenstand freigab, hat dieser Weg s...