2.1 Nutzungsbefugnis
Rn 4
Der Anwendungsbereich der Vorschrift ergibt sich aus § 166, so dass vom Wortlaut nur Gegenstände erfasst sind, an denen ein Absonderungsrecht besteht. Soweit und in dem Umfang, wie dort eine Verwertungsbefugnis für den Verwalter bestimmt ist (zum Erfordernis des Besitzes vgl. § 166 Rn. 22), ist er auch zur Nutzung – quasi als Minus zur Verwertung – berechtigt. Dabei handelt es sich nur so lange um eine Nutzung, wie die Sache als solche erhalten bleibt und nicht im Rahmen der Verwendung vollständig verbraucht wird (dann kommt allenfalls Abs. 2 in Betracht).
Rn 5
Im RegE war der Verbrauch – bei Gestellung einer Ersatzsicherheit – noch ausdrücklich als zulässig vorgesehen worden. Letztlich wurde diese Ansicht jedoch aus Gründen der Vereinfachung nicht übernommen, weil zum einen die Regelungen über Ersatzsicherheiten den Gesetzentwurf unnötig verkomplizierten und zum anderen der Insolvenzverwalter sich zudem in solchen Fällen bei Bedarf die volle Verfügungsbefugnis durch die vollständige Begleichung der gesicherten Forderung verschaffen kann. Ansonsten wird er auf die Möglichkeit einer gesondert mit dem absonderungsberechtigten Gläubiger abzuschließenden Vereinbarung verwiesen. Im Ergebnis ändert die Streichung der Möglichkeit des Verbrauchs in der Praxis wenig, denn es macht für den Verwalter i.d.R. keinen Unterschied, ob er eine Ersatzsicherheit stellt oder den entstehenden Wertverlust – bis hin zur vollständigen Bezahlung des Werts des übernommenen Sicherungsgegenstands – im Falle einer Verwendung, die einem Verbrauch gleichkommt, an den Gläubiger ausgleicht.
Rn 6
Die Nutzung muss für die Insolvenzmasse erfolgen und damit der Gesamtheit aller Gläubiger zugute kommen. Für andere Zwecke, z.B. im Interesse eines einzelnen anderen aus- oder absonderungsberechtigten Gläubigers, ist eine Nutzung unzulässig. Fehlt es an einer Nutzung, so ist § 172 auch dann nicht anzuwenden, wenn ein Wertverlust eintritt.
2.2 Analoge Anwendung auf Aussonderungsrechte
Rn 7
Der Verwalter soll durch § 172 Abs. 1 in die Lage versetzt werden, die Masse im Interesse einer potentiellen späteren Fortführung des Unternehmens zunächst vor einer partiellen Verwertung durch die absonderungsberechtigten Gläubiger zu bewahren und somit in ihrer Produktionsfähigkeit zu schützen, bis im Berichtstermin über die Zukunft des Unternehmens entschieden worden ist. Für Aussonderungsrechte aufgrund eines vereinbarten Eigentumsvorbehalts bewirkt § 107 Abs. 2, dass der Verwalter mit der Ausübung des Wahlrechts aus § 103 bis zum Berichtstermin warten kann und somit der Gläubiger den Gegenstand vorerst nicht zurückfordern darf. Allein die Zugehörigkeit dieses Gegenstands zur Masse hilft dem Verwalter aber noch nicht weiter. Vielmehr wird er daran interessiert sein, denselben einer für die Masse nützlichen Verwendung zuzuführen.
Rn 8
Damit stellt sich hier die gleiche Interessenlage wie bei den unter § 166 fallenden Gegenständen mit Absonderungsrechten. Der Gläubiger wird gegen eine Nutzung nichts einzuwenden haben, solange sich seine Position und damit der Zustand des Aussonderungsguts nicht verschlechtert. Andernfalls muss ihm ein Ersatz für den Wertverlust gewährt werden. Aus diesem Grund ist § 172 Abs. 1 auf Aussonderungsrechte analog anzuwenden.
2.3 Ausgleichspflicht
Rn 9
Es kann einem absonderungsberechtigten Gläubiger nicht zugemutet werden, zugunsten der ungesicherten Gläubiger ohne Ausgleich mit der Verwertung zurückzustehen. Um wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden, ist dem Verwalter deshalb die Nutzung des Absonderungsgegenstands nur dann gestattet, wenn er den durch die Nutzung entstehenden Wertverlust ausgleicht.
Rn 10
Ein Wertverlust ist gegeben, wenn die Sache nach ihrer Nutzung durch den Verwalter nicht mehr zu den Bedingungen verwertet werden kann, wie sie vor der Nutzung bestanden, und der geringere Erlös infolge der Nutzung des Gegenstands eingetreten ist. Allein durch Zeitablauf oder sonstige äußere Umstände eintretende allgemeine Wertverluste sind nicht ausgleichspflichtig. Kausalität zwischen der Nutzung und dem Wertverlust ist unabdingbar.
Rn 11
Der durch die Nutzung eintretende Wertverlust ist seitens des Verwalters durch laufende Zahlungen auszugleichen. Der Verwalter kann nicht bis zur Beendigung der Nutzung abwarten und dann den Wertverlust in einer Summe ausgleichen, vielmehr sind die Zahlungen regelmäßig bereits während der Nutzung zu leisten. Über die Zeitabstände gibt auch die BegrRegE keine Auskunft, auszugehen ist deshalb von den Umständen des Einzelfalls. Als Orientierung kann insoweit ein Vergleich zu üblichen Mietkonditionen (wochenweise, monatsweise oder jährliche Zahlungsweise) für einen solchen Gegenstand gelten.
Rn 12
Problematisch ist die Bemessung der Höhe der Zahlungen, da der endgültig eingetretene Wertverlust häufig ...