Rn 16
Die Feststellungsklage kann nach der bisherigen Rechtsprechung und einem Teil der Literatur nicht im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess erhoben werden. Hierfür wird u.a. angeführt, dass der Urkundenprozess gem. § 592 ZPO nur bei Zahlungsansprüchen, nicht aber bei einem Feststellungsbegehren statthaft sei. Außerdem genüge eine Feststellung "unter Vorbehalt" (§ 599 ZPO) nicht den Anforderungen des § 183. Eine ausreichende Feststellung könnte daher ohnehin nur im Nachverfahren erreicht werden. Damit sei die mit dem Urkundenprozess angestrebte Beschleunigung nicht zu verwirklichen.
Rn 17
Der Argumentation der h.M. ist nicht zuzustimmen. Für eine Statthaftigkeit des Urkundenprozesses lässt sich anführen, dass § 180 Abs. 1 eine Geltendmachung im ordentlichen Verfahren ermöglicht. Dem entspricht es, dass dem Kläger die prozessualen Möglichkeiten, die er außerhalb der Insolvenz des Schuldners hätte wahrnehmen können, grundsätzlich weiter in vollem Umfang zur Verfügung stehen sollten. Es besteht kein sachlicher Grund dafür, dem Kläger den Weg über den Urkundenprozess zu versperren.
Rn 18
Dass § 180 Abs. 1 Satz 1 die Erhebung einer Feststellungsklage vorschreibt, steht der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses nicht entgegen. Das Erfordernis einer Feststellungsantrags ist nur rechtstechnischer Natur; es bleibt dabei, dass es dem Feststellungskläger – nicht anders als bei einer vorinsolvenzlich zulässigen Leistungsklage – um die Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs geht.
Rn 19
Die h.M. kommt in der praktischen Konsequenz dazu, dass nicht nur die Erhebung der Feststellungsklage im Urkundenprozess, sondern entsprechend auch die Aufnahme eines anhängigen Urkundenprozesses nicht möglich ist. Dies führt wiederum dazu, dass – wenn die Abstandnahme vom Urkundenprozess nach § 596 ZPO nicht mehr möglich ist, etwa weil sich das Verfahren (schon) in der Revisionsinstanz befindet – die im Urkundenprozess erzielten Ergebnisse unverwertbar sind (vgl. näher unten Rn. 35). Dies widerspricht aber dem Regelungszweck des § 180 Abs. 2, der aus prozessökonomischen Gründen – um die bisherigen Prozessergebnisse zu erhalten – zwingend eine Aufnahme des anhängigen Rechtsstreits vorschreibt. Dementsprechend ist mit der Gegenauffassung davon auszugehen, dass die Feststellung auch im Urkundenprozess erfolgen kann bzw. ein anhängiger Urkundenprozess aufgenommen werden kann.
Rn 20
Dass die Feststellung im Urkundenprozess erfolgen kann, ist nicht nur für die Aufnahme eines Urkundenprozesses von Bedeutung. Auch für die Erhebung der Feststellungsklage im Urkundenprozess nach Insolvenzeröffnung besteht für den Kläger ein praktisches Interesse. Soweit er ein seinem Feststellungsantrag stattgebendes Vorbehaltsurteil erzielt, sind nach zutreffender Auffassung die §§ 179 Abs. 2, 189 Abs. 2 (entsprechend) anzuwenden. Der Gläubiger, der im Urkundenprozess die Feststellung seiner Forderung erstritten hat, ist hiernach dem Inhaber einer bereits titulierten Insolvenzforderung gleichzustellen. Bei der Verteilung ist sodann der auf die Forderung entfallende Anteil auszuzahlen. Anders verhält es sich nur dann, wenn der Widersprechende vor der Auszahlung nachweist, dass er den Widerspruch durch Betreiben des Nachverfahrens weiterverfolgt. Auf diese Weise kommt es aus Gläubigersicht zu einer Beschleunigung der Anspruchsdurchsetzung, die sowohl von den §§ 592 ff. ZPO als auch von der InsO angestrebt wird.