4.2.1 Bedeutung der Feststellung des Rechtsgrundes im Titel
Rn 32
Auch im Falle eines auf den Rechtsgrund beschränkten Widerspruchs des Schuldners kann § 184 Abs. 2 zur Anwendung gelangen. In der Literatur ist § 184 Abs. 2 n.F. so verstanden worden, dass der Schuldner stets – auch dann, wenn der Titel nur einen Leistungsausspruch, keine verbindliche Feststellung des Rechtsgrundes enthält – seinen Widerspruch binnen Monatsfrist verfolgen müsse. Nach der hier vertretenen Auffassung ist zu differenzieren: § 184 Abs. 2 gilt für die Feststellung des Rechtsgrundes nur dann, wenn der Titel zugleich auch eine entsprechende verbindliche Feststellung enthält. Anders ist zu entscheiden, wenn ein Titel gegeben ist, der nur einen Leistungsausspruch, aber keine verbindliche Feststellung des Rechtsgrundes enthält. Legt der Schuldner hier einen Widerspruch nur gegen den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ein, so liegt es weiterhin am Gläubiger, ebendiesen Rechtsgrund nach § 184 Abs. 1 durch Urteil feststellen zu lassen. Allein dies entspricht dem (beschränkten) Zweck des § 184 Abs. 2. Die Vorschrift will lediglich verhindern, dass sich der Gläubiger zwei auf dieselbe Feststellung gerichtete Titel besorgen muss. Liegt noch keine verbindliche Feststellung des Rechtsgrundes vor, so besteht kein Anlass, die Klagelast insoweit auf den Schuldner zu übertragen.
Rn 33
Ist ein vollstreckbarer Schuldtitel gegeben, der keine verbindliche Feststellung über den Rechtsgrund enthält, so müssen ggf. sowohl der Schuldner als auch der Gläubiger eine Feststellungsklage erheben. Der Schuldner muss, was das Bestehen der Forderung anbelangt, seinen hiergegen eingelegten Widerspruch im Wege der Feststellungsklage verfolgen. Tut er dies nicht, so steht gem. § 184 Abs. 2 Satz 2 fest, dass eine Forderung in der angemeldeten Höhe besteht. Noch nicht festgestellt ist dadurch allerdings, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht. Will der Gläubiger den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung festgestellt wissen, liegt es an ihm, insoweit Feststellungsklage zu erheben.
4.2.2 Vorliegen einer Feststellung des Rechtsgrundes im Titel
4.2.2.1 Kontradiktorische Urteile
Rn 34
Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es somit für die Abgrenzung von § 184 Abs. 1 und Abs. 2 darauf an, ob sich dem jeweiligen Titel eine verbindliche Feststellung des Rechtsgrundes entnehmen lässt (siehe Rn. 32). Der BGH hat zur verbindlichen Feststellung des Rechtsgrundes im Zusammenhang mit § 184 a.F. bereits Stellung genommen und hierbei auf die vergleichbare Rechtslage bei § 850f Abs. 2 ZPO verwiesen. Es besteht daher Anlass zu der Vermutung, dass sich die zu § 850f Abs. 2 ZPO ergangenen Entscheidungen auf die vorliegende Problematik übertragen lassen.
Rn 35
Ein vollstreckbarer Schuldtitel i.S.d. § 184 Abs. 2 liegt jedenfalls dann vor, wenn es sich um ein aufgrund streitiger Verhandlung ergangenes Urteil handelt und das Urteil nicht nur den zu vollstreckenden Anspruch als solchen, sondern zusätzlich auch eine rechtskraftfähige Feststellung des Rechtsgrundes enthält. Liegt also ein kontradiktorisches Urteil vor, in dessen Tenor nicht nur die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung einer Geldsumme enthalten ist, sondern zusätzlich auch in einem gesonderten Feststellungsausspruch festgestellt wird, dass die Zahlungsverpflichtung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners beruht, hat der Schuldner seinen Widerspruch nach Maßgabe des § 184 Abs. 2 Satz 1 binnen eines Monats zu verfolgen. Anderenfalls gilt der Widerspruch gem. § 184 Abs. 2 Satz 2 als nicht erhoben, und der Gläubiger kann in der Konsequenz seinen Anspruch ungeachtet einer möglichen Restschuldbefreiung des Schuldners mit den Mitteln der Einzelzwangsvollstreckung durchsetzen (§ 302 Nr. 1).
Rn 36
Fraglich ist, ob es auch ausreicht, wenn sich die vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung nicht aus einem rechtskraftfähigen Ausspruch im Tenor selbst, sondern (erst) aus dem Tatbestand und den Urteilsgründen ergibt. In der vergleichbaren (Parallel-)Situation des § 850f Abs. 2 ZPO wird dies überwiegend als ausreichend erachtet. Die Auslegung des § 850f Abs. 2 ZPO dürfte sich auf § 184 bzw. § 302 übertragen lassen. Dass der Deliktscharakter und die Schuldform des Vorsatzes nicht an der Rechtskraft eines Leistungsurteils teilnehmen, steht dem nicht entgegen. Es reicht allerdings nicht aus, dass allein im Tatbestand subsumtionsfähige Tatsachen angegeben worden sind; vielmehr muss – in den Urteilsgründen – auch die entsprechende Subsumtion vorgenommen worden sein.