Rn 37
Nach Ansicht des BGH kann durch einen Vollstreckungsbescheid nicht verbindlich festgestellt werden, dass der Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht. Will der Inhaber eines Vollstreckungsbescheids nach § 302 Nr. 1 gegen den Schuldner vollstrecken, so muss er sich daher vor dessen Insolvenz ein ergänzendes Feststellungsurteil besorgen oder nach § 184 Abs. 1 gegen den Schuldner vorgehen. Der Vollstreckungsbescheid reicht nach Ansicht des BGH auch dann nicht aus, wenn er auf eine Anspruchsgrundlage Bezug nimmt, die eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung voraussetzt. Der auf einem Mahnbescheid beruhende Vollstreckungsbescheid sei nicht geeignet, die rechtliche Einordnung des in ihm geltend gemachten Anspruchs festzulegen. Dies gelte deshalb, weil der Mahnbescheid auf einseitigen Angaben des Gläubigers beruhe, die vom Gericht nicht materiell-rechtlich nachgeprüft werden.
Rn 38
Der BGH scheint, um zu einer Bindung im Feststellungsprozess zu gelangen, eine entsprechende Schlüssigkeitsprüfung durch den Richter vorauszusetzen. Geht man hiervon aus, so wären neben dem Vollstreckungsbescheid auch zahlreiche andere Titel nicht geeignet, die rechtliche Einordnung des geltend gemachten Anspruchs verbindlich festzulegen. Dies betrifft etwa das Anerkenntnisurteil. Indes dürfte sich die Aussage des BGH nicht auch auf Titel beziehen, die – wie das Anerkenntnisurteil – wesentlich auf einem Dispositionsakt des Schuldners beruhen. Schlösse man das Anerkenntnisurteil als Nachweis generell aus, so hätte es der Schuldner i.Ü. in der Hand, einem vom Gläubiger angestrebten kontradiktorischen Feststellungsurteil durch ein prozessuales Anerkenntnis den Boden zu entziehen. In der praktischen Konsequenz stünde es sodann im Belieben des Schuldners, die Vollstreckung nach § 302 Nr. 1 auszuschließen. Nach der hier vertretenen Auffassung kann deshalb die vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung auch durch ein entsprechend tenoriertes Anerkenntnisurteil nachgewiesen werden.
Rn 39
Ungeklärt ist auch, ob das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung durch gerichtliche Vergleiche und notarielle Schuldanerkenntnisse nachgewiesen werden kann. Zwar beruhen diese Titel ebenfalls nicht auf einer Schlüssigkeitsprüfung durch einen Richter; es erscheint aber wenig sachgerecht, der übereinstimmenden Einordnung des Rechtsgrunds durch beide Parteien keinerlei Bedeutung beizumessen. Im Übrigen wäre das Prozessgericht, soweit Vergleich bzw. Schuldanerkenntnis eine ausdrückliche Feststellung des Rechtsgrundes enthalten, an die dort getroffene materiell-rechtlich wirksame Vereinbarung gebunden. Ein Feststellungsprozess könnte die dort getroffene Festlegung m.a.W. nur bestätigen. Voraussetzung für eine Bindungswirkung von Vergleich bzw. Schuldanerkenntnis ist allerdings, dass die Titel unmittelbar die Feststellung der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beinhalten bzw. sich jedenfalls durch Auslegung der Titel eindeutig feststellen lässt, dass der anerkannte Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners beruht.
Rn 40
Keine durchgreifenden Zweifel dürften schließlich daran bestehen, dass ein Versäumnisurteil grundsätzlich geeignet ist, den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung verbindlich festzulegen. Vor dem Erlass des Versäumnisurteils erfolgt stets eine Schlüssigkeitsprüfung (§ 331 Abs. 1 ZPO). I.Ü. hätte sonst der Schuldner die Möglichkeit, die verbindliche Feststellung des Rechtsgrundes durch bloßes Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung zu verhindern. Die Problematik besteht allerdings darin, dass das Versäumnisurteil – wie auch das Anerkenntnisurteil – keines Tatbestandes und keiner Entscheidungsgründe bedarf (§ 313b Abs. 1 ZPO). Dass der titulierte Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht, wird sich deshalb dem Versäumnisurteil wiederum nur im Falle einer eindeutigen Tenorierung entnehmen lassen.