Gesetzestext

 

Massegläubiger, deren Ansprüche dem Insolvenzverwalter

1. bei einer Abschlagsverteilung erst nach der Festsetzung des Bruchteils,
2. bei der Schlußverteilung erst nach der Beendigung des Schlußtermins oder
3. bei einer Nachtragsverteilung erst nach der öffentlichen Bekanntmachung

bekannt geworden sind, können Befriedigung nur aus den Mitteln verlangen, die nach der Verteilung der Insolvenzmasse verbleiben.

Bisherige gesetzliche Regelungen

 

§ 172 KO [Verspätet bekannt gewordene Masseansprüche]

Masseansprüche, welche nicht bis zur Festsetzung des Prozentsatzes oder der Beendigung des Schlußtermins oder der Bekanntmachung einer Nachtragsverteilung zur Kenntnis des Verwalters gelangt sind, können nicht auf den Massebestand geltend gemacht werden, welcher zur Auszahlung des festgesetzten Prozentsatzes erforderlich ist oder den Gegenstand der Schlußverteilung oder der Nachtragsverteilung bildet.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Inhaltlich übernimmt die Vorschrift die bisherige Regelung des § 172 KO.[1]

Nach § 53 sind aus der Insolvenzmasse zunächst die Masseverbindlichkeiten, also die Kosten des Verfahrens gemäß § 54 sowie die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 55, vorweg zu bedienen. Soweit derartige Ansprüche dem Grunde, aber nicht der Höhe nach bekannt sind, sind sie sicherzustellen. Tauchen solche vorrangigen Masseansprüche nach Verteilung der Masse auf, gehen sie grundsätzlich weiter den Insolvenzforderungen vor und die Insolvenzgläubiger müssten ggf. damit rechnen, von Massegläubigern aus ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch genommen zu werden. Hiervor soll die Vorschrift des § 206 die Insolvenzgläubiger schützen.[2]

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 428.
[2] Kuhn/Uhlenbruck, § 172 Rn. 1.

2. Ausschlusszeitpunkt

 

Rn 2

Massegläubiger können daher auf die ausgeschüttete Masse dann keinen Zugriff nehmen, wenn ihre Ansprüche dem Insolvenzverwalter

  • bei einer Abschlagsverteilung (§ 187 Abs. 2) erst nach der Festsetzung des Bruchteils (§ 195),
  • bei einer Schlussverteilung (§ 196) erst nach Beendigung des Schlusstermins (§ 197) oder
  • bei einer Nachtragsverteilung (§ 203) erst nach der öffentlichen Bekanntmachung (§ 205, § 188 Satz 3, § 9), mithin später als nach Ablauf von zwei Tagen nach der Ausgabe des die Bekanntmachung enthaltenden amtlichen Verkündungsblatts (§ 9 Abs. 1 Satz 3)

bekannt geworden sind.

 

Rn 3

Befriedigung kann in diesen Fällen nur noch aus der Insolvenzmasse verlangt werden, die nach der entsprechenden Verteilung noch vorhanden ist.

3. Kenntnis des Verwalters von der Masseverbindlichkeit

 

Rn 4

Entscheidend ist, dass der Verwalter von den entsprechenden Masseansprüchen keine Kenntnis hatte. Auf welche Weise er ggf. Kenntnis erlangt hat, ist unerheblich. Die Kenntnis vom Grund des Anspruchs genügt. Der positiven Kenntnis ist das Kennenmüssen aber nicht gleichgestellt.[3] Jedoch wird der Verwalter nach § 60 persönlich schadensersatzpflichtig, wenn er die Kenntnis schuldhaft vereitelt.[4] Die Ausschlusswirkung tritt im Fall der Kenntnis nicht ein, der Verwalter hat die Ansprüche vielmehr sicherzustellen.[5]

[3] Jaeger-Weber, § 172 Rn. 6.
[4] a.a.O.
[5] Kuhn/Uhlenbruck, § 172 Rn. 2.

4. Umfang der Ausschlusswirkung

 

Rn 5

Die Ausschlusswirkung erfasst bei

  • Abschlagsverteilungen die Masse, die nötig ist, den festgesetzten Bruchteil auszuzahlen,
  • bei der Schlussverteilung die der Verteilung unterliegende Masse und
  • bei einer Nachtragsverteilung die Masse, die für die Nachtragsverteilung bestimmt ist.

Die Ausschlusswirkung bezieht sich nur auf die Insolvenzmasse und die Insolvenzgläubiger. Gegen den Insolvenzschuldner können die Massegläubiger weiterhin vorgehen.[6]

[6] Kilger/K. Schmidt, KO § 172 Anm. 2c).

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