Rn 15
Auch wenn die Generalklausel des Abs. 1 auf jeden Einzelfall abgestimmte Anordnungen ermöglichen will, haben sich in der Praxis doch einige häufig angewandte Anordnungen herauskristallisiert, die im Folgenden dargestellt werden, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Im Übrigen wird auf die bei § 22 Rdn. 42 ff. dargestellten Pflichtenzuweisungen an den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter verwiesen.
2.3.1 Besondere Verfügungsbeschränkungen
Rn 16
Anstelle eines allgemeinen Verfügungsverbots (s.u. Rdn. 45 ff.) oder eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts (s.u. Rdn. 54 ff.) kann das Gericht einzelne, konkret bezeichnete Verfügungen verbieten (besonderes Verfügungsverbot) oder deren Wirksamkeit an eine Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters binden (besonderer Zustimmungsvorbehalt).
Dies kommt aus Gründen der Verhältnismäßigkeit insbesondere in Betracht, wenn nur einzelne Vermögensgegenstände des Schuldners gesichert werden müssen. So kann es im Einzelfall ausreichen, nur Verfügungen des Schuldners über Grundstücksrechte, Forderungen, sein Warenlager oder Teile hiervon (etwa bei Bestehen von Aus- und Absonderungsrechten) oder sonstige einzelne Vermögensgegenstände mit einer Verfügungsbeschränkung zu versehen. Eine Anordnung kann sich auch im arbeitsrechtlichen Bereich zur Vermeidung einer Verfügung über Arbeitsverhältnisse oder Betriebsvereinbarungen als sinnvoll erweisen. Denkbar ist auch, nur bestimmte risikobehaftete Geschäftsvorfälle im Schuldnerunternehmen an eine vorherige Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu binden, um entsprechend der Zielsetzung des § 21 Vermögensbeeinträchtigungen für ein späteres Insolvenzverfahren zu vermeiden. Auch kann dem Schuldner hinsichtlich der von ihm geführten Aktiv- und Passivprozesse ein besonderes Verfügungsverbot auferlegt und der schwache vorläufige Verwalter ermächtigt werden, diese zu führen.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung muss das Gericht jedoch bedenken, dass der Schutz vor unberechtigten Verfügungen bei einer besonderen Verfügungsbeschränkung grundsätzlich gering ist. Es handelt sich nicht um ein absolutes, sondern lediglich um ein relatives Verfügungsverbot im Sinne von §§ 135, 136 BGB.
Die Gegenauffassung übersieht, dass der eindeutige Wortlaut des § 24 Abs. 1 die entsprechende Anwendung von §§ 81, 82 nur für die Verfügungsbeschränkungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 vorsieht. Die Anordnung der besonderen Verfügungsbeschränkungen findet aber ihre Rechtsgrundlage in § 21 Abs. 1. Ein gutgläubiger Erwerb bleibt daher grundsätzlich weiterhin möglich (§ 135 Abs. 2 BGB). Bei Grundstücken scheidet er aber regelmäßig aus, weil die besondere Verfügungsbeschränkung in das Grundbuch eingetragen werden kann.
Rn 17
Der Streit über die Möglichkeit der Anordnung eines bechränkten Zustimmungsvorbehalts in vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren dergestalt, dass lediglich Zahlungen auf Forderungen aus dem Steuerverhältnis im Sinne von § 37 AO und Zahlungen auf Beiträge zur Sozialversicherung im Sinne von § 266a StGB der Zustimmung des vorläufigen Sachwalters oder Insolvenzverwalters unterliegen, hat sich im Hinblick auf Steuerzahlungen erledigt. Der mit dem SanInsFoG eingeführte § 15b Abs. 3, Abs. 8 führt dazu, dass die steuerliche Abführungspflicht hinter dem Zahlungsverbot zurücktritt. Das bisherige Problem bleibt aber im Hinblick auf die Zahlungen auf Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung bestehen (dieses kann auch nicht durch eine analoge Anwendung des § 15b Abs. 8 abgewendet werden: s.u. Rdn. 17b). Während im Regelinsolvenzverfahren der Geschäftsführer regelmäßig sanktionsbewehrte Insolvenzforderungen im Eröffnungsverfahren nicht bezahlen muss, da ihm die Rechtsmacht aufgrund der Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Verfügungsbeschränkungen fehlt, führen kollidierende Pflichten des Geschäftsführers bei der vorläufigen Eigenverwaltung zu einem Dilemma. Entweder der Geschäftsführer verletzt seine insolvenzrechtlichen Pflichten und riskiert die Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung indem er die Insolvenzforderungen der Sozialversicherungsträger entgegen dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bezahlt, oder er setzt sich der Gefahr einer Strafbarkeit aus. Ob eine Strafbarkeit aus § 266 Abs. 1 StGB tatsächlich in Betracht kommt, spielt in Ermangelung einer gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Rolle, da es dem Geschäftsführer bei der bestehenden rechtlichen Unsicherheit nicht zumutbar ist, sich durch Nichtzahlung einem Strafbarkeitsrisiko auszusetzen. Vor diesem Hintergrund kann das Gericht einen beschränkten Zustimmungsvorbehalt in der oben ausgeführten Form aussprechen, der den vorläufig eigenverwaltenden Schuldner von der Rechtsmacht zur Zahlung an die Sozialversicherungsträger befreit. Dagegen sprechen auch keine systematischen Bedenken, denn § 21 Abs. 1 gilt aufgrund der Verweisung in § 270c Abs. 3 Satz 1 auch in der vorläufigen Eigenverwaltung. Nach dessen klaren Wortlaut sollen l...