Rn 110
Obwohl die nach § 21möglichen vorläufigen Maßnahmen für den Schuldner einschneidende Eingriffe bedeuten, war zunächst nach Inkrafttreten der InsO grundsätzlich ein Rechtsbehelf gegen den Anordnungsbeschluss nicht gegeben. Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab 01.12.2001 dem Schuldner eine umfassende Beschwerdemöglichkeit verschafft. Begründet wird die Zulassung eines Rechtsmittels mit einem nachhaltigen Eingriff in Rechtspositionen des Insolvenzschuldners durch Sicherungsmaßnahmen, insbesondere im Fall des vollständigen Entzuges der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Da auch unter der KO die Möglichkeit einer Beschwerde gegen Sicherungsmaßnahmen nicht zu Verzögerungen des Eröffnungsverfahrens geführt habe, sei dies für die InsO auch nicht zu befürchten, zumal der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zukommen soll. Die seit 01.01.2014 in der ZPO geltende Verpflichtung des Gerichts zur Rechtsbehelfsbelehrung (§ 232 ZPO) gilt über § 4 auch für die Sicherungsmaßnahmen des § 21.
Rn 111
Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 steht dem Schuldner gegen sämtliche vorläufige Maßnahmen des Insolvenzgerichts nach § 21 die sofortige Beschwerde zu. Zu den dabei für den Schuldner zu beachtenden Form- und Fristvorschriften darf auf die Kommentierung zu § 6 verwiesen werden. Die Rechtsbehelfsmöglichkeit betrifft ausnahmslos sämtliche vom Insolvenzgericht während des Insolvenzeröffnungsverfahrens verhängten Sicherungsmaßnahmen, d.h. also auch die explizit in § 21 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und Nr. 5 aufgeführten Sicherungsmaßnahmen. Nicht darunter fallen Maßnahmen der Amtsermittlung ohne Sicherungscharakter, wie die Bestellung eines gerichtlichen Sachverständigen, da es sich lediglich um eine verfahrensleitende Maßnahme des Insolvenzgerichts handelt. Werden dem Sachverständigen Befugnisse übertragen, die nur einem vorläufigen Insolvenzverwalter zustehen, ist diese Anordnung wegen des Gebots des effektiven Rechtsschutzes isoliert beschwerdefähig. Nicht beschwerdefähig sind dagegen die vom vorläufigen Insolvenzverwalter gegenüber dem Schuldner oder sonstigen am Verfahren beteiligten Dritten vorgenommenen Handlungen, da diese keine Maßnahmen i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 2 darstellen. Eine Überprüfung der Ermessensausübung des Insolvenzgerichts bei unterlassenen Sicherungsmaßnahmen findet im Beschwerdeweg ebenfalls nicht statt. Dies gilt auch für eine unterlassene Aufhebung angeordneter Sicherungsmaßnahmen. Wird eine Anregung zur Aufhebung aber ablehnend beschieden, aktualisiert das Insolvenzgericht seine Anordnung mit der Folge einer Anfechtbarkeit des Beschlusses.
Rn 112
Anderen Beteiligten wird kein Beschwerderecht eingeräumt. Auch der antragstellende Gläubiger verfügt gegen die Ablehnung einer von ihm angeregten vorläufigen Maßnahme durch das Insolvenzgericht keine Beschwerdemöglichkeit zur Verfügung. Auch dem von einer Anordnung nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 betroffenen Gläubiger steht kein Rechtsmittel zur Verfügung. Schließlich besteht ein Beschwerderecht des vorläufigen Insolvenzverwalters weder gegen die Ablehnung der von ihm angeregten noch gegen die Aufhebung zuvor angeordneter Sicherungsmaßnahmen.
Daneben verbleibt den Beteiligten immer die Möglichkeit, Gegenvorstellungen zu erheben oder eine gerichtliche Überprüfung der verhängten Sicherungsmaßnahmen anzuregen, ohne dass daraus über die pflichtgemäße (fortlaufende) Verhältnismäßigkeitsprüfung hinaus für das Insolvenzgericht eine Pflicht zum Tätigwerden entsteht. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine sofortige Beschwerde entfällt mit der Entscheidung über die Eröffnung. Eine Umstellung auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag ist grundsätzlich nicht möglich. Nur wenn eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung zum Nachteil des Schuldners oder eine fortwirkende Beeinträchtigung möglich erscheinen, kommt sie ausnahmsweise in Betracht.