Rn 4
Abweichend von dem in § 226 Abs. 1 verankerten (dispositiven) Grundsatz kann der Plan daher auch Ungleichbehandlungen vorsehen. Diese bedürfen aber der Zustimmung der betroffenen Beteiligten (§ 226 Abs. 2 Satz 1). Damit knüpft die InsO an den Schutz der Zwangsvergleichsgläubiger aus § 181 Satz 2 KO an und verschärft die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Satz 1 VerglO.
2.1 Ungleichbehandlung
Rn 5
Die Ungleichbehandlung kann in den verschiedensten Formen vorkommen. Sie kann darin liegen, dass die Gläubiger auf ihre Forderungen unterschiedliche Quoten erhalten sollen, ihnen für ihre Forderungen andere Sicherheiten zugeteilt werden, die zu leistenden Auszahlungen zeitlich variieren, für bestimmte Gläubiger Naturalleistungen vorgesehen sind oder Barabfindungen für die Zustimmung zum Plan an einige Beteiligte gezahlt werden.
Rn 6
Möglicherweise kompensieren sich aber zwei solcher Ungleichbehandlungen gegenseitig, indem z. B. eine höhere Quote dafür gezahlt wird, dass der Betroffene für einen längeren Zeitraum auf Befriedigung verzichtet. Daher kommt es darauf an, ob die Gläubiger nach objektiver Gesamtbetrachtung wirtschaftlich gleichgestellt sind. Nur wenn sich bei Einbeziehung aller Einzelheiten immer noch Unterschiede ergeben, liegt eine Ungleichbehandlung vor.
Rn 7
Mit Rücksicht auf den Minderheitenschutz (§ 251) sind Barabfindungen für Gläubiger grundsätzlich zulässig. Das Insolvenzgericht hat dabei zu prüfen, ob die Barabfindung den nach § 251 zu gewährleistenden Liquidationswert erreicht.
Kein Fall einer Ungleichbehandlung liegt vor, wenn der Insolvenzplan für einen Teil der Gruppenmitglieder einen Verzicht auf etwaige Rechte aus Insolvenzanfechtung vorsieht. Soweit nicht der Anwendungsbereich von § 226 Abs. 3 eröffnet ist und daraus die Nichtigkeit der Planklausel folgt, bemisst sich die Gleichbehandlung allein anhand der angebotenen Insolvenzquote.
Im Anwendungsbereich des SchVG ist § 19 Abs. 4 SchVG zu beachten: Danach sind allen Anleihegläubigern gleiche Rechte anzubieten.
2.2 Betroffene
Rn 8
Sobald eine Ungleichbehandlung vorliegt, verlangt das Gesetz die Zustimmung "eines jeden betroffenen Beteiligten". Werden innerhalb einer Gruppe unterschiedliche Leistungen gewährt, sind (sofern überhaupt eine Ungleichbehandlung vorliegt) prinzipiell alle Mitglieder dieser Gruppe hiervon betroffen. Nur wenn ein Teil der Gläubiger gegenüber einem anderen Teil eindeutig bevorzugt behandelt wird, sind lediglich Letztere als Betroffene anzusehen, so dass deren Zustimmung ausreichend ist. Daher brauchen die von der Änderung Begünstigten nicht ausdrücklich zustimmen. Wollen sie dagegen die ihnen zugedachte Begünstigung ablehnen, müssen sie dies kundtun. Lässt sich hingegen keine eindeutige Besserstellung einzelner Gläubiger feststellen, weil praktisch alle unterschiedlich behandelt werden, so bleibt es dabei, dass die Zustimmung aller Gläubiger der Gruppe notwendig ist. Soweit möglich, ist ohnehin zu empfehlen, dass (als sicherster) Weg die Zustimmung aller Gruppengläubiger beigebracht wird, um etwaigen Zweifeln an der Besser-/Schlechterstellung von vornherein die Grundlage zu entziehen.
Werden privilegierte Gläubiger i. S. v. § 302 und nicht privilegierte Gläubiger in einer Gruppe zusammengefasst, ist eine unterschiedliche Behandlung der Beteiligten gem. § 226 Abs. 1 und 2 nur mit Zustimmung aller betroffenen Beteiligten zulässig. Werden privilegierte und nicht privilegierte Gläubiger stattdessen zwei unterschiedlichen Gruppen zugeordnet, genügt die Zustimmung der Mehrheit der nicht privilegierten Gläubiger innerhalb ihrer Gruppe.
2.3 Zustimmung
Rn 9
Enthält der Plan eine Ungleichbehandlung oder will der Verwalter der oft mühsamen Feststellung einer solchen vorbeugen, so ist dem Insolvenzplan nach Abs. 2 Satz 2 im Interesse der Rechtsklarheit und -sicherheit (und damit einer späteren Streitvermeidung) die Zustimmung eines jeden einzelnen Gläubigers der Gruppe beizufügen. Auf diese Weise wird dem Insolvenzgericht auch die notwendige Kontrolle im Rahmen der Planbestätigung nach § 248 erleichtert.
Rn 10
Zustimmung ist hier im Gegensatz zur bisherigen Ansicht beim Vergleich als vorherige Einwilligung (§ 183 BGB) zu verstehen. Daraus, dass die Zustimmungen dem Insolvenzplan "beizufügen" sind, ergibt sich, dass diese Erklärungen der Gläubiger schriftlich abzugeben sind. Dadurch erfüllt die Abgabe der Einwilligung auch eine Warnfunktion und bewirkt einen Schutz vor übereilten Entsc...