Rn 31

Die Einsetzung eines vorläufigen Ausschusses muss auch unterbleiben, wenn diese im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist. Dabei ist der Aufwand der Ausschusstätigkeit, der sich maßgeblich in den Kosten des Ausschusses manifestiert, in ein Verhältnis zur erwarteten Insolvenzmasse zu setzen.[55] Das Gericht wird sich hierfür im Regelfall eines Sachverständigen bedienen müssen, der innerhalb einer kurzen Frist (drei bis fünf Tage) eine tragfähige Grundlage für die gerichtliche Abwägungsentscheidung schaffen muss. Auch im Rahmen der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit gilt die Amtsermittlungspflicht des Gerichts unbeschränkt.[56] Gleichwohl ist zumindest denkbar, dass der Einsetzungsantragsteller bereits ausreichende Informationen beigebracht hat. Dann sind weitere Ermittlungen – wie sonst auch – nur erforderlich, wenn begründete Zweifel an den Angaben bestehen. Die Gegenansicht befürchtet eine Verzögerung der Entscheidung, die im Widerspruch zum Anliegen des Gesetzgebers stehe, oder geht von der Geltung eines Beibringungsgrundsatzes aus.[57] Beides lässt sich weder mit Wortlaut, noch Systematik der InsO in Einklang bringen (s. u. Rdn. 68 f.)

[55] Beth, ZInsO 2012, 1974 (1974).
[56] AG Ludwigshafen ZInsO 2012, 987 (988); HambKomm-Frind, § 22 a Rn. 20a; Beth, ZInsO 2012, 1974 (1979); Frind, ZInsO 2011, 2249 (2255).
[57] Uhlenbruck-Vallender, § 22 a Rn. 38; MünchKomm-Haarmeyer, § 22 a Rn. 151 f.

4.2.1 Kosten der Einsetzung

 

Rn 32

Zunächst müssen die Kosten der Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses ermittelt werden. Dies setzt die Entscheidung zahlreicher Vorfragen voraus. So muss entschieden werden, wieviel Ausschussmitglieder im Ausschuss benötigt werden und welchen Umfang deren Ausschusstätigkeit voraussichtlich aufweist.[58] Dabei ist im Hinblick auf die umfangreichen Aufgaben des Ausschusses eine Prognose anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls anzustellen. Sind aber keine Anhaltspunkte vorhanden, dass sich der vorläufige Gläubigerausschuss mit einzelnen Maßnahmen befassen muss, ist im Zweifel von seiner Nichtbefassung auszugehen. Auch kann in der Regel von einer unproblematischen Abstimmung im Ausschuss ausgegangen werden.

 

Rn 33

Für die Höhe der Vergütung der Ausschussmitglieder ist zunächst auf den gesetzlichen Regelsatz von 35–95 EUR je Stunde abzustellen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV). Von dieser darf das Gericht aber auch abweichen. In größeren Verfahren wird mindestens seine Vergütung von 95 EUR angenommen werden müssen, die sich bei einer entsprechenden Komplexität aber auch auf bis zu 300 EUR erhöhen kann.[59] Bei der Festlegung der Vergütung ist zu berücksichtigen, dass die Ausschussmitglieder im vorläufigen Gläubigerausschuss (auch) im eigenen Interesse handeln, da sie zwingend selbst Gläubiger sein müssen. Dies rechtfertigt eine maßvolle Herabsetzung des Vergütungssatzes.

Bei einer Mitwirkung an der Verwalterauswahl gemäß § 56 a entsteht ein zusätzlicher Vergütungsanspruch jedes Mitglieds in Höhe von 300 EUR (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsVV). Vorgelegte Vergütungsverzichtserklärungen der in Frage kommenden Mitglieder des Ausschusses oder aber deren Einverständnis mit einer bestimmten geringeren Vergütung können bei der Berechnung berücksichtigt werden. Eine Verpflichtung des Gerichts zur Nachfrage besteht aber nicht.[60]

 

Rn 34

Vor dem Hintergrund der beträchtlichen Haftungsgefahren der Tätigkeit als Ausschussmitglied, müssen auch die Kosten einer Haftpflichtversicherung in die Berechnung einbezogen werden.[61] Im Ergebnis trifft dies auch auf etwaige Kosten eines Interims-Gläubigerausschusses gemäß § 67 Abs. 1 zu. Zwar spricht der Wortlaut nur von den Kosten der Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses, ist aber dessen Tätigkeit – bspw. bei einer Betriebsfortführung – nur sinnvoll möglich, wenn auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Fortführung der Ausschusstätigkeit gewährleistet ist, ist die Einsetzung des Interims-Gläubigerausschusses bereits mit der Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses determiniert.[62]

[58] AG Ludwigshafen ZInsO 2012, 987 (987); HambKomm-Frind, § 22 a Rn. 19.
[59] Beth, ZInsO 2012, 1974 (1976); vgl. auch: AG Ludwigshafen ZInsO 2012, 987 (988); AG Detmold NZI 2008, 505 (zum endgültigen Gläubigerausschuss).
[60] Beth, ZInsO 2012, 1974 (1976); a. A. Cranshaw, ZInsO 2012, 1151 (1152 f.).
[61] AG Ludwigshafen ZInsO 2012, 987 (988); FK-Schmerbach, § 22 a Rn. 41; Frind, ZIP 2012, 1380 (1386); a. A. Hirte, ZInsO 2012, 820.
[62] AG Ludwigshafen a. a. O.; Beth, ZInsO 2012, 1974 (1976); Frind, ZInsO 2011, 2249 (2255).

4.2.2 Zu erwartende Insolvenzmasse

 

Rn 35

In einem weiteren Schritt muss die zu erwartende Insolvenzmasse prognostiziert werden. Die Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung spricht insoweit lapidar von dem "Restvermögen des Schuldners".[63] Zu prognostizieren ist bei verständiger Auslegung diejenige Masse, die zur Verteilung an die Gläubiger voraussichtlich zur Verfügung stehen wird. Dabei handelt es sich denklogisch um die freie Masse, d. h. den Teil der Insolvenzmasse,...

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