Rn 37
Die Implementierung eines vorläufigen Gläubigerausschusses führt praktisch immer zu einer Verzögerung des Verfahrens. Der in der Praxis wichtigste Ausschlusstatbestand in § 22 a Abs. 3 3. Alt. greift jedoch nur unter zwei Bedingungen ein. Zum einen bezieht sich der Verzögerungsbegriff nur auf den Zeitpunkt bis zur Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses, zum anderen muss die Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führen. Der Antragsteller hat es mithin in der Hand durch frühzeitige Einreichung des Insolvenzantrages zu verhindern, dass ein großes Eilbedürfnis eine frühzeitige Gläubigereinbindung unmöglich macht. Im Gegensatz zu den anderen Ausschlusstatbeständen handelt es sich aber regelmäßig um eine lediglich temporär wirkende Einsetzungssperre (s. o. Rdn. 29).
Rn 38
Der Begriff der Verzögerung bezieht sich nur auf den Zeitraum vom jeweils aktuellen Zeitpunkt der Befassung des Gerichts bis zum Zeitpunkt der Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses. Daran anschließende Verzögerungen bspw. durch die Anhörung des Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters (§ 56 a Abs. 1) bleiben außer Betracht.
Rn 39
Zur Beantwortung der Frage, was unter einer nachteiligen Veränderung des Schuldnervermögens zu verstehen ist, kann an die zu § 21 Abs. 1 entwickelten Grundsätze angeknüpft werden. Um den Ausschlusstatbestand zu vermeiden, muss für die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses widerlegt werden, dass damit eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners verbunden ist. Dies dürfte bei einem laufenden Geschäftsbetrieb des Schuldners nur dann möglich sein, wenn sich die Einsetzung des vorläufigen Ausschusses innerhalb kürzester Zeit, d. h. innerhalb weniger Stunden oder eines Tages vollziehen lässt. Ansonsten wird die Sicherung des Schuldnervermögens und einer geordneten Betriebsfortführung immer Vorrang haben. Im Rahmen einer Betriebsfortführung kann regelmäßig nur die umgehende Ernennung eines geeigneten vorläufigen Insolvenzverwalters die Aufrechterhaltung der Lieferbeziehungen und Kundenkontakte sicherstellen. Schon eine Verzögerung der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen von wenigen Tagen kann bei Bekanntwerden des Insolvenzantrages zu massiven Nachteilen führen, die im Gläubigerinteresse vermieden werden müssen. In diesem Zusammenhang scheint die Begründung des Regierungsentwurfs praxisfern, wonach bei einem Eigenantrag des Schuldners und der Erfüllung der Voraussetzung des § 13 die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses meist so zügig erfolgen könne, dass eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners nicht zu befürchten sei.
Dieses Verständnis des Ausschlusstatbestandes führt nicht zu einer Umkehrung des Regel-Ausnahmeverhältnisses in § 22a. Denn es ist zwar richtig, dass in der Praxis die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses vor der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters/Sachwalters die Ausnahme bleibt (vgl. Rdn. 49 und Rdn. 25). Ein Zusammenhang zwischen einer Verzögerung der Entscheidungen im Eröffnungsverfahren und einem daraus resultierenden Vermögensnachteil des Schuldners liegt nämlich fast immer vor; dieser Zusammenhang liegt sogar in der Natur der Sache. Dies bedeutet aber nicht, dass kein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt werden kann, sondern dessen Einsetzung findet regelmäßig lediglich nach der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters/Sachwalters statt. Der Ausschlusstatbestand tangiert mithin lediglich kurzfristig die Gläubigerbeteiligung im Rahmen eines vorläufigen Gläubigerausschusses am Beginn des Eröffnungsverfahrens. Im Ergebnis wird dabei auch die Mitwirkungsmöglichkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses an der Verwalterauswahl (§ 56 a) ihrer praktischen Bedeutung nicht beraubt, weil dem später konstituierten vorläufigen Gläubigerausschuss das Abwahlrecht des § 56 a Abs. 3 in dieser Konstellation zusteht (s. u. Rdn. 49).