Rn 2

Bei einer planmäßig vorgesehenen Fortführung des Unternehmens muss vorher geklärt werden, ob überhaupt die Bereitschaft der geschäftsführenden Personen besteht, die persönliche Haftung für die Fortführung zu übernehmen.[1] § 230 Abs. 1 ordnet daher an, dass in einem solchen Fall eine entsprechende Erklärung beizufügen ist. Sie hat sich auf die Unternehmensfortführung "auf der Grundlage des Plans" zu beziehen. Problematisch sind die insbesondere Fälle, in denen der Verwalterplan nach dessen Einreichung (und damit nach Vorlage der Erklärung gem. § 230) noch abgeändert wird (z.B. aufgrund der Erörterungen mit den Gläubigern und dem Gericht im Erörterungstermin). In diesen Konstellationen ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die von den in Abs. 1 genannten Personen abgegebenen Erklärungen noch durch die aktualisierte Planfassung gedeckt sind. Die Abgabe der Erklärung kann unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgen, allerdings muss die Bedingung spätestens im Zeitpunkt der Planbestätigung eingetreten sein.[2]

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 463.
[2] Brünkmans/Thole-Brünkmans, § 13 Rn. 87.

2.1 Natürliche Person als Schuldner

 

Rn 3

Wenn der Schuldner sein Unternehmen als natürliche Person betrieben hat (Einzelunternehmen), muss der Insolvenzverwalter, wenn er den Plan einreicht, die Fortführungserklärung des Schuldners dem eingereichten Insolvenzplan beifügen (§ 230 Abs. 1 Satz 1), da eine natürliche Person wegen der Haftungsgefahren nicht gegen ihren Willen zur Fortführung des Unternehmens gezwungen werden kann.[3] Reicht hingegen der Schuldner selbst den Plan ein, so ist damit inzident die Bereitschaft zur Fortführung erklärt (§ 230 Abs. 1 Satz 3).

[3] Brünkmans/Thole-Brünkmans, § 13 Rn. 85.

2.2 Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder KGaA als Schuldner

 

Rn 4

Bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) oder einer KG auf Aktien sind nach § 230 Abs. 1 Satz 2 die Erklärungen aller persönlich haftenden – zukünftigen[4]  – Gesellschafter beizubringen. Anders als beim Einzelunternehmer bedeutet die Vorlage eines Insolvenzplans seitens des Schuldners hier noch keine konkludente Zustimmung zur Fortführung. Vielmehr haben die persönlich haftenden Gesellschafter in jedem Fall eine ausdrückliche Erklärung vorzulegen.[5] Die Fortführungserklärungen der persönlich haftenden Gesellschafter sind nicht mit dem Fortsetzungsbeschluss der Schuldnerin identisch.[6] Auf die Fortführungserklärungen kann – wie der Umkehrschluss aus § 230 Abs. 1 Satz 3 zeigt – auch beim Schuldnerplan nicht verzichtet werden.[7] Die Gesellschafter müssen sich, auch wenn sie persönlich haften, eine Erklärung seitens der Gesellschaft auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung nicht zurechnen lassen. Wollen nicht sämtliche Gesellschafter die Fortführung vornehmen, müsste eine Änderung im Bestand der Gesellschafter erfolgen, anderenfalls scheitert die Umsetzung eines Sanierungsplans.

[4] Auf die Bereitschaft etwaig im Zuge der Planrealisierung ausscheidender Gesellschafter kommt es nicht an.
[5] Uhlenbruck-Sinz, § 230 Rn. 2.
[6] MünchKomm-Eidenmüller, § 230 Rn. 29.
[7] Brünkmans/Thole-Brünkmans, § 13 Rn. 88 f.

2.3 Juristische Person als Schuldner

 

Rn 5

Für eine insolvente juristische Person (Kapitalgesellschaften) enthält die InsO keine Regelung, ob es einer Fortführungserklärung der Gesellschafter bedarf. Die Frage ist streitig.[8] Sie ist mit der Begründung zu verneinen, dass die Gesellschafter – von Ausnahmen der sog. Durchgriffshaftung[9] abgesehen – keiner eigenen Haftung unterliegen. Der von der Gegenmeinung angeführte mögliche Verlust des Gesellschaftskapitals reicht demgegenüber nicht aus, um eine Fortführungserklärung zum zwingenden Erfordernis zu machen.

[8] Nachweise bei Uhlenbruck-Sinz, § 230 Rn. 2.
[9] Siehe hierzu Palandt-Heinrichs, vor § 21 Rn. 12; MünchKomm-Reuter, vor § 21 Rn. 20–47.

2.4 Fortsetzungsbeschluss

 

Rn 6

Von der Fortführungserklärung des Schuldners nach Abs. 1 Satz 1 bzw. der Fortführungserklärung der persönlich haftenden Gesellschafter nach Abs. 1 Satz 2 ist der Fortsetzungsbeschluss der Gesellschafter nach §§ 144 Abs. 1 HGB, 42 Abs. 1 Satz 2 BGB, 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, 274 AktG etc. zu unterscheiden. Der Fortsetzungsbeschluss kann seit dem Inkrafttreten des ESUG in den Insolvenzplan selbst aufgenommen werden (§ 225a Abs. 3). Einer zusätzlichen Erklärung der Gesellschafter nach § 230 Abs. 3 bedarf es dann nicht mehr. Fehlt es im Insolvenzplan an einem ausdrücklichen Fortsetzungsbeschluss und wird dieser erst nachträglich von den Gesellschaftern gefasst, genügt das, um registerrechtlich die Eintragung des Fortsetzungsbeschlusses im Handelsregister herbeizuführen, solange der Insolvenzplan die Fortsetzung der Gesellschaft als ein mögliches Zukunftsszenario vorsieht. Voraussetzung ist jedoch, dass mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern noch nicht begonnen wurde.[10]

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