Rn 69
Eine vollständige Neuerung gegenüber dem früheren Recht der KO stellt die Regelung des Abs. 3 dar, wonach derjenige, der einen Massekostenvorschuss entweder zum Zwecke der Eröffnung des Verfahrens gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 oder zur Verhinderung der Einstellung des Verfahrens mangels Masse gem. §§ 207 Abs. 1 geleistet hat, einen Erstattungsanspruch für die geleistete Vorschusszahlung zubilligt. Die Vorschrift des § 26 Abs. 3 ist mit Einführung des MoMiG in Satz 1 redaktionell angepasst worden. Während bislang die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags in den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Gesetzen normiert war (z.B. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F., § 92 Abs. 2 AktG a.F., § 99 Abs. 1 GenG a.F., § 130a Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB a.F.), ist die Antragspflicht mit Wirkung ab 1.11.2008 rechtsformübergreifend für alle juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, in § 15a geregelt.
Rn 70
Schuldner des Erstattungsanspruchs ist nach dem Wortlaut der Vorschrift jede Person, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat.
Rn 71
Die Pflicht zur Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt sich aus § 64 Abs. 1 GmbHG für jeden Geschäftsführer, aus § 15a.
Rn 72
Die Antragspflicht trifft jedes Organmitglied, so dass mehrere Organmitglieder als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden können. Bei Führungslosigkeit (§ 10 Abs. 2) trifft die Antragspflicht bei der GmbH jeden Gesellschafter, bei der AG und der Genossenschaft jedes Mitglied des Aufsichtsrates, wobei jedem Antragspflichtigen zur Exkulpation der Nachweis verbleibt, von einem Insolvenzgrund oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis gehabt zu haben.
Rn 73
Nach ihrem Wortlaut beschränkt sich die Regelung zur Verletzung von insolvenz- oder gesellschaftsrechtlichen Antragspflichten zum einen darauf, die Motivation für die rechtzeitige Stellung von Eröffnungsanträgen zu erhöhen, und zum anderen darauf, die Bereitschaft zur Leistung von Verfahrenskostenvorschüssen zu steigern. Sie rechtfertigt jedoch auch die Einbeziehung von Verstößen gegen andere Bestimmungen, die die verspätete Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sanktionieren, wie § 42 Abs. 2 BGB sowie § 1980, § 1985 Abs. 2 BGB.
Rn 74
Der Wortlaut der Vorschrift lässt zudem eine Auslegung dahin gehend zu, dass eine Erstattungspflicht der pflichtwidrig und schuldhaft handelnden Organe nur besteht, sofern die Antragstellung vollständig unterblieben ist.
Rn 75
Da die jeweiligen Normen, welche die Antragspflicht begründen, jedoch nicht nur die Unterlassung sondern auch die verzögerte Antragstellung sanktionieren, gilt dies auch für die Begründung der Erstattungspflicht.
Rn 76
Ein Erstattungsanspruch des Vorschussleistenden besteht daher nicht nur dann, wenn die Antragsverpflichteten überhaupt keinen Eröffnungsantrag gestellt haben, sondern auch dann, wenn der Antrag verspätet gestellt wurde.
Rn 77
Auch wenn der Gesetzgeber die Einführung des Erstattungsanspruchs des Vorschussleistenden als eine "wichtige Neuerung" angesehen hat, ist zwischenzeitlich zu konstatieren, dass die Vorschrift keine größere praktische Relevanz erlangt hat. Der Erstattungsanspruch besteht nur für einen konkret als Massekostenvorschuss gem. Abs. 1 Satz 2 geleisteten Betrag, nicht für rechtlich anders zu qualifizierende Zahlungen Dritter an die Insolvenzmasse.
Rn 78
Das Risiko der erfolgreichen Realisierung des Erstattungsanspruchs liegt bei demjenigen, der den Massekostenvorschuss geleistet hat, auch wenn insoweit eine Beweislastumkehr hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit und Schuldhaftigkeit der Verzögerung oder Unterlassung der Antragstellung zugunsten desjenigen besteht, der den Massekostenvorschuss geleistet hat.
Rn 79
Letztlich wird auch bei vielen Organmitgliedern einer Gesellschaft, die insolvent ist, ebenfalls die Insolvenz vorliegen.
Rn 80
Die ursprünglich in Abs. 3 Satz 3 enthaltene Verjährungsfrist von fünf Jahren wurde mit Wirkung zum 15.12.2004 aufgehoben, so dass für den Anspruch nunmehr die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gilt.