2.1 Anwendungsbereich
Rn 4
Privilegiert werden können Gläubiger, die in der Überwachungsphase dem Schuldner ein Darlehen gewähren oder Masseforderungen aus dem eröffneten Insolvenzverfahren stehen lassen. Gesellschafterdarlehen oder andere nachrangige Forderungen aus Rechtshandlungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 können nicht privilegiert werden (Abs. 3). Die Privilegierung kann für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren geregelt werden. Das ergibt sich aus § 268 Abs. 1 Nr. 2. Voraussetzung für eine Kreditrahmenprivilegierung ist deren Festlegung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans, eine entsprechende Kreditvereinbarung und eine vorgesehene Planüberwachung.
2.2 Festlegung des Rahmens
Rn 5
Erlaubt ist ein Kreditrahmen indem die Insolvenzgläubiger durch ihren Rangrücktritt einen Teil des ihnen ansonsten zur Befriedigung ihrer Ansprüche zustehenden Vermögens des Schuldners erst nach den Neugläubigern in Anspruch nehmen können und dadurch dieser Teil als Kreditsicherheit für die Neugläubiger frei wird. Enthalten sein muss dieser Verzicht der Gläubiger nach § 264 Abs. 1 Satz 1 bereits im gestaltenden Teil des Plans.
Rn 6
Weitere Voraussetzung für die rangmäßige Begünstigung der Kredite ist nach § 264 Abs. 1 Satz 2, dass im Plan ein Gesamtbetrag festgelegt wird, bis zu dem höchstens derartige Kredite aufgenommen werden dürfen. Die Plangläubiger müssen bei der Ermittlung dieses Betrags zwischen ihrem Befriedigungsinteresse in Form der Zugriffsmöglichkeit auf die Insolvenzmasse einerseits und der Schaffung günstiger Kreditbedingungen für die Sanierung andererseits abwägen. Die Höhe des Kreditrahmens hängt damit zu einem nicht unmaßgeblichen Teil von der Risikobereitschaft der Gläubiger ab. Maßgeblich für die Höhe des Kreditrahmens ist die in § 268 Abs. 1 Nr. 2 vorgesehene Beschränkung des Überwachungszeitraumes und der Privilegierung auf drei Jahre. Der relative Kreditrahmen sollte nicht höher sein, als der Schuldner (oder die Übernahmegesellschaft) in den ersten drei Jahren Insolvenzforderungen zu tilgen verpflichtet ist (vgl. § 268 Rn. 14).
2.3 Obergrenze für den Kreditrahmen
Rn 7
Unabhängig von der jeweiligen Risikobereitschaft ist allerdings die in § 264 Abs. 1 Satz 3 aufgeführte absolute Obergrenze des Kreditrahmens zu beachten. Hiernach darf der Kreditrahmen das in der dem bestätigten Plan nach § 229 beigefügten Vermögensübersicht aufgeführte Aktivvermögen nicht übersteigen.
Rn 8
Die Ermittlung dieser Obergrenze stößt indes auf Schwierigkeiten bei fehlender Vermögensübersicht, etwa weil sie wegen fehlender Beteiligung der Gläubiger an den zukünftigen Gewinnen des Unternehmens nicht erforderlich ist. Um auch in diesen Fällen das Bedürfnis nach neuem Kapital über die Kreditrahmenprivilegierung zu sichern, ist in diesen Fällen gleichwohl eine den Erfordernissen des § 229 entsprechende Übersicht zu erstellen, auf deren Basis dann der Rahmen ermittelt werden kann.
Rn 9
Der Sinn und Zweck der Obergrenze ist ein zweifacher. Einerseits sollen die Plangläubiger vor einer übermäßigen Kreditaufnahme geschützt werden, die ihre demgegenüber nachrangigen Ansprüche wertlos machen würde (siehe Rn. 3). Andererseits soll zum Schutz der Rahmengläubiger sichergestellt sein, dass für die Rückzahlung ihrer Darlehen werthaltige Vermögensgegenstände als Sicherheit bereitstehen. So werden grundsätzlich alle Beteiligten vor den Folgen einer übermäßigen Kreditaufnahme und damit ggf. einem bewussten Leerlaufenlassen der Ansprüche der Insolvenzgläubiger geschützt.
Rn 10
Allerdings ist die vom Gesetzgeber gewählte Obergrenze problematisch. Das insolvente Unternehmen wird nach § 229 für die angestrebte Sanierung im Rahmen des Planverfahrens zu Fortführungswerten bewertet. Kommt es jedoch zu erneuten Zahlungsschwierigkeiten und wird ein Zweitinsolvenzverfahren notwendig, sind gerade diese Fortführungswerte nicht mehr maßgeblich. Zu erzielen sind dann möglicherweise nur noch die Zerschlagungswerte. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Obergrenze ist eine Begrenzung des Kreditrahmens auf das mit Fortführungswerten (going-concern) anzusetzende Aktivvermögen überhöht. Andererseits stellt der Wortlaut der Vorschrift durch den Verweis auf § 229 ausdrücklich auf die Fortführungswerte ab, weshalb diese maßgeblich sein dürften.
2.4 Überschreitung der Obergrenze
Rn 11
Das Verhältnis von Kreditrahmen zu ausgewiesenem Vermögen unterliegt einer Prüfungspflicht des Insolvenzgerichts nach § 231 Abs. 1 Nr. 1, § 250 Nr. 1. Sofern der Insolvenzplan einen Kreditrahmen in unzulässiger Höhe vorsieht, hat das Insolvenzgericht die Bestätigung des Insolvenzplans wegen inhaltlicher Fehlerhaftigkeit nach § 250 Nr. 1 zu versagen. Auch der Planüberwacher muss bei jeder Kreditaufnahme prüfen, ob der vorgesehene Kreditrahmen den neuen Kredit noch mit abdeckt und ob die Vereinbarungen zwischen Schuldner und kreditgewährendem Gläubiger hinsichtlich des Kreditrahmens und der Kreditbedingungen eindeutig sind. Die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit ist nicht zu über...