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Ausnahmsweise können Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters ganz oder teilweise (z. B. bei wechselseitigem Mitverschulden gem. § 254 BGB) dem Gläubiger auferlegt und dann auch nach dieser Vorschrift gegen ihn festgesetzt werden. Im Gegensatz zum Schuldner findet sich hier nun auch eine ausdrückliche Regelung der "Kostenlast". Voraussetzung einer Belastung des antragstellenden Gläubigers ist die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des gestellten Eröffnungsantrages und ein grobes Verschulden des Antragstellers. Während die Feststellung der erstgenannten Voraussetzungen wenig Probleme bereiten dürfte, ist sehr fraglich, was unter einem groben Verschulden des Gläubigers zu verstehen ist. Die gesetzliche Regelung liefert selbst in Abs. 2 Satz 3 einen ersten Anhaltspunkt. Danach ist ein grobes Verschulden insbesondere dann anzunehmen, wenn der unzulässige oder unbegründete Antrag von vorneherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Gläubiger dies erkennen musste. Erfasst werden sollen also in erster Linie aussichtslose Anträge, mit denen der Antragsteller vorrangig insolvenzwidrige Absichten verfolgt, etwa den Schuldner unter Druck zu setzen und ihn damit zu einer bestimmten Handlung, meist zur Zahlung zu zwingen. In der Praxis dürfte es schon schwierig werden, einen Antrag ohne Aussicht auf Erfolg festzustellen, es sei denn, es fehlt ersichtlich am Rechtsschutzbedürfnis oder an der Forderung des Gläubigers. Problematischer erscheint auf den zweiten Blick die weitere Voraussetzung des Kennenmüssens. Nach der Legaldefinition in § 122 Abs. 2 BGB sollte diese Voraussetzung vorliegen, wenn der Gläubiger schon infolge einfacher Fahrlässigkeit die Aussichtslosigkeit des von ihm gestellten Antrages nicht kannte. Hierzu stellt aber die Gesetzesbegründung klar, dass durch diese Regelung nur ausnahmsweise die Haftung des Schuldners aufgehoben werde. Wegen des mit einem Insolvenzantrag verbundenen unkalkulierbaren Haftungsrisikos für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters soll nach dem Willen des Gesetzgebers den Gläubiger nur in dem Ausnahmefall eines "gänzlich unberechtigten Insolvenzantrages" das Kostenrisiko treffen. Das Kostenrisiko des antragstellenden Gläubigers gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter soll daher auf im Einzelfall zu prüfende Fälle groben Verschuldens beschränkt werden. Im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut definiert die Gesetzesbegründung grobes Verschulden aber als Vorsatz oder Außerachtlassung der nach den Umständen erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße, also die Nichtbeachtung dessen, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste.Man wird sich also trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts an einer engen Auslegung des "Kennenmüssens" des Gläubigers zu orientieren haben. Dies erscheint auch sachgerecht, da ansonsten jeder Antragsteller vor Einleitung eines gesetzlich zur Verfügung gestellten Verfahrens besonders sorgfältig prüfen müsste, welche Risiken für den Schuldner mit seinem Antrag verbunden sind. Dies würde eine unzumutbare Erschwernis für den Gläubiger bei der Durchsetzung seiner Rechte bedeuten. Dennoch ergeben sich Anwendungsmöglichkeiten etwa bei offensichtlich unzulässigen Anträgen von Sozialversicherungsträgern oder Finanzbehörden auf der Basis bloßer Schätzungen, die zudem dem Schuldner zu keinem Zeitpunkt ordnungsgemäß zugestellt wurden.
Nach dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 5 Abs. 1) hat das Gericht die Voraussetzungen einer Kostenbelastung des Schuldners oder antragstellenden Gläubigers von Amts wegen zu prüfen. Es hat daher ggf. im Rahmen einer Anhörung der Verfahrensbeteiligten zu ermitteln, ob im Einzelfall die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift vorliegen.
Werden Vergütung und Auslagen ausschließlich dem Gläubiger auferlegt, führt dies zu einer Einschränkung der Befugnis des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 25 Abs. 2 Satz 1.
In allen vor dem 1.7.2014 beantragten Verfahren kann das Insolvenzgericht dagegen die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Verwalters ausschließlich gegen den Schuldner festsetzen.