Dr. Jürgen Spliedt, Dr. Alexander Fridgen
Rn 13
In § 270 Abs. 2 Nr. 2 n.F. werden die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung neu geregelt. Sie werden durch das ESUG gelockert, nachdem sich die Eigenverwaltung in einer ganzen Reihe von Fällen in der Praxis bewährt hat. Weiterhin ausschlaggebend bleibt, dass die Anordnung der Eigenverwaltung keine Nachteile für die Gläubiger erwarten lassen darf, diese durch die Anordnung der Eigenverwaltung also nicht schlechter stehen als ohne.
Rn 14
Nach altem Recht musste das Nichteintreffen der Nachteile "nach den Umständen zu erwarten" sein, nach neuem Recht ist die Eigenverwaltung aber schon dann anzuordnen, wenn "keine Umstände bekannt sind", die erwarten lassen, dass sie zu Nachteilen für die Gläubiger führen. Unklarheiten über mögliche Nachteile für die Gläubiger sollen durch diese feine Änderung also nicht mehr zu Lasten des Schuldners gehen. Zwar kann der Schuldner auf diese Weise mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vor Antragstellung einschätzen, ob bei einer Antragstellung die Eigenverwaltung auch tatsächlich angeordnet wird. Aber dem Gericht mangelt es wegen der fehlenden Verpflichtung des Schuldners zur Vorlage eines Insolvenzplanes bei Stellung eines Antrages auf Anordnung der Eigenverwaltung an Sachverhaltsvorgaben durch den Antragsteller und damit an einer Entscheidungsgrundlage. Zum Diskussionsentwurf wurde die Auffassung geäußert, dass der Schuldner, der die Anordnung der Eigenverwaltung begehrt, deren Voraussetzungen durch Vorlage eines Insolvenzplans nachweisen soll. Das Gericht sei nämlich nur bei Vorlage eines Planes in der Lage, zu beurteilen, ob durch die Anordnung der Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger eintreten. Es stelle sich auch die Frage, wieso ein gesicherter Gläubiger hinnehmen solle, dass gemäß § 282 statt eines Insolvenzverwalters nunmehr der Schuldner selbst die Sicherungsgegenstände verwerten dürfe, obwohl er noch nicht einmal einen Insolvenzplan vorgelegt hat. Gesetz ist dies jedoch auch durch ESUG nicht geworden, so dass der Schuldner bei Stellung eines Antrages auf Anordnung der Eigenverwaltung weiterhin keinen Insolvenzplan vorlegen muss.
Nachteile für die Gläubiger liegen vor, wenn sie mit Anordnung der Eigenverwaltung schlechter stehen als bei Bestellung eines Insolvenzverwalters. Sie treten ein, wenn z.B. der Schuldner die Insolvenzmasse nicht sorgsam bewirtschaftet oder Gläubigern sowie Drittschuldnern unberechtigt Vorteile zukommen lässt. Die Anordnung der Eigenverwaltung erfordert also, dass der Schuldner in der Lage ist, unter Aufsicht des Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten. Müsste dafür ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, ist diese Anforderung nicht erfüllt. Gleiches gilt, wenn aus berechtigter Gläubigersicht der Schuldner persönlich unzuverlässig ist. Das kann angenommen werden, wenn in den vom Geschäftsführer der Schuldnerin gegenüber dem Insolvenzgericht gemachten Angaben ein möglicher Anspruch gegen den Geschäftsführer unerwähnt bleibt. Dieser Hinderungsgrund kann allerdings durch Abberufung der alten und Neubestellung untadeliger Geschäftsleiter ausgeräumt werden. Mit dieser Vorgehensweise ist auch nicht zu befürchten, dass der Bock zum Gärtner gemacht wird, sondern es liegt vielmehr eine "Fremdverwaltung im Gewand der Eigenverwaltung" vor. Allerdings wird der eigentliche Vorteil, der der Eigenverwaltung zugeschrieben wird, nämlich der Erhaltung unternehmerischen Wissens, durch Abberufung der alten Geschäftsführung wieder zunichte gemacht.
Die Eigenverwaltung führt auch dann zu Nachteilen für die Gläubiger, wenn bereits zu Beginn des Verfahrens feststeht, dass der Schuldner zur Führung der Geschäfte nicht oder offensichtlich nicht ausreichend zur Verfügung steht. Das ist typischerweise bei der GmbH & Co. KG der Fall, weil und soweit die Insolvenz der KG in der Regel auch zur Insolvenz der gemäß § 164 HGB zur Geschäftsführung berufenen Komplementär-GmbH führt. Gemäß §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB scheidet der Komplementär mangels abweichender vertraglicher Bestimmungen aus der Kommanditgesellschaft aus, die damit ihren Geschäftsführer verliert. Sofern hiervon Abweichendes im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde und der Komplementär nicht ausscheidet, müsste im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Komplementär-GmbH dann deren Insolvenzverwalter die Geschäfte der GmbH & Co. KG in Eigenverwaltung führen. Dies ist zwar nicht undenkbar, setzt aber zumindest voraus, dass auch die Komplementär-GmbH bis zum Abschluss der Sanierung der Kommanditgesellschaft fortgeführt wird, weil diese sonst während des laufenden Eigenverwaltungsverfahrens ihren Geschäftsführer verliert. Allerdings erschiene die Geschäftsführung und Vertretung einer werbend tätigen Personenhandelsgesellschaft durch eine in Abwicklung befindliche Gesellschaft widersprüchlich. Lösungsmöglichkeiten bestehen darin, eine natürliche Person als Komplementär zu bestellen, die jedoch auch bei B...