Dr. Jürgen Spliedt, Dr. Alexander Fridgen
Rn 8
Um dem Schuldner im Interesse seiner Gläubiger nicht ein völlig freizügiges Wirtschaften zu ermöglichen, wird bei Unterlassen von Sicherungsmaßnahmen ein vorläufiger Sachwalter bestellt, auf den die für den Sachwalter im eröffneten Verfahren geltenden §§ 274, 275 entsprechend anzuwenden sind. Der Schuldner soll jedoch nicht stärker eingeschränkt werden, als dies im eröffneten Verfahren in Form der Eigenverwaltung erfolgen würde. Der Sachwalter hat also insbesondere die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und er kann nach § 275 Abs. 5 verlangen, dass der Zahlungsverkehr über ihn selbst vorgenommen wird.
Rn 9
Stellt der vorläufige Sachwalter Umstände fest, die erwarten lassen, dass die Fortsetzung der (vorläufigen) Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger bringt, hat er dem Gericht und dem vorläufigen Gläubigerausschuss Anzeige zu erstatten. Ist kein Gläubigerausschuss bestellt, hat der Sachwalter stattdessen die ihm zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Gläubiger zu unterrichten. Darüber hinaus kann das Gericht nicht wie im eröffneten Verfahren nach § 277 per Einzelentscheidung die Verfügungsbefugnis des Schuldners einschränken und den Zustimmungsvorbehalt zu Gunsten des Sachwalters anordnen, da § 270a Abs. 1 zwar auf §§ 274 und 275, aber gerade nicht auf § 277 verweist. Anordnungen gemäß §§ 270 Abs. 1 Satz 2, 21 sind jedoch möglich.
Rn 10
Über die Verweisung in § 274 Abs. 1 kommt auch die Vorschrift über die Auswahl des Insolvenzverwalters nach §§ 56 f. zur entsprechenden Anwendung, so dass auch insoweit eine Gläubigerbeteiligung an der Auswahl des vorläufigen Sachwalters möglich – und im Regelfall durchzuführen – ist. Deshalb ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss vor der Bestellung des vorläufigen Sachwalters Gelegenheit zur Äußerung gemäß § 56a zu geben und darf das Gericht von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses nur dann abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Amts nicht geeignet ist.
Rn 10a
Es ist umstritten, ob die Bestellung eines vorläufigen Sachwalters zu veröffentlichen ist. Ausschlaggebend ist, dass für die Bestellung des vorläufigen Sachwalters die Veröffentlichung nicht gesetzlich angeordnet ist, während für die Verfahrenseröffnung §§ 270 Abs. 1 Satz 2, 30 und für die nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung § 273 ausdrücklich die Veröffentlichung vorsehen. Die Veröffentlichung ist daher unter Berücksichtigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners gemäß Art. 2 Abs. 1 GG unzulässig. Beschlüsse, mit denen eine Verfügungsbeschränkung gemäß §§ 270 Abs. 1 Satz 2, 21 Abs. 2 Nr. 2 angeordnet wird, sind jedoch gemäß §§ 270 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 1 zu veröffentlichen.